05.04.2020

Schluss mit dem Flickenteppich: Eine Schutzzone Europa!

Die COVID-19-Pandemie hat auch Europa erreicht. Die Einzelmaßnahmen der Mitgliedstaaten haben die Ausbreitung nicht vermeiden können. Die Folgen für Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft sind erheblich. Ein derartiges Szenario kann in Zukunft nur verhindert werden, wenn die Europäische Union in ihrem Zuständigkeitsbereich selbst Verantwortung übernimmt und die Mitgliedstaaten besser zusammenarbeiten.

Europäische Infektionsschutzverordnung

Deshalb fordern wir die Schaffung einer EU-Infektionsschutzverordnung, welche die Europäische Kommission ermächtigt, zur Abwehr einer konkreten erheblichen Gefahr für die öffentliche Gesundheit angemessene Gesundheitschecks für Einreisende anzuordnen und, soweit erforderlich, die Einreise von Personen ohne EU/EFTA-Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltstitel aus einem EU/EFTA-Mitgliedstaat zu untersagen oder alternativ für bis zu 30 Tage auf Selbstkostenbasis unter Quarantäne zu stellen. Bürgerinnen und Bürger aus EU/EFTA-Mitgliedstaaten, Personen mit Aufenthaltstitel aus einem EU/EFTA-Mitgliedstaat sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerbern darf die Einreise nichtverwehrt, aber unter denselben Voraussetzungen eine Quarantäne von bis zu 30 Tagen auf Kosten der Union angeordnet werden. Staatsangehörige oder Personen mit
Aufenthaltstitel aus Andorra, Monaco und San Marino sind entsprechend zu behandeln. Gegen die Anordnung steht der Rechtsweg vor den nationalen Gerichten offen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist stets zu wahren. Für den Fall, dass häusliche Quarantäne nicht ausreicht, sind an Flug- und Seehäfen sowie Grenzübergängen geeignete Quarantäneeinrichtungen zu schaffen. Ferner ist die Kommission auch berechtigt, unter denselben Voraussetzungen die Aus- und Einfuhr von Waren wie beispielsweise Medizinprodukten im Fall von Engpässen zu untersagen. Nicht-EU-Mitgliedstaaten, die Teil des Schengen-Raums sind oder zu diesem keine
Grenzkontrollen durchführen, müssen an die Entscheidungen der EU-Kommission ebenfalls
gebunden sein. Hierzu ist das Schengener Abkommen entsprechend zu ergänzen.

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist auszubauen. Es soll auch stärker als Austauschmedium der einzelnen, nationalen Fachinstitute wie dem Robert-Koch-Institut in Deutschland dienen und den Austausch über wissenschaftliche Erkenntnisse zwischen einzelnen Instituten erleichtern, sowie gezielt die europaweite Abstimmung von Maßnahmeempfehlungen durch die verschiedenen Institute unterstützen. Auch als direkter Ansprechpartner und Berater der Europäischen Kommission kann das ECDC als unabhängiger Berater Empfehlungen aussprechen, die europaweit geeignet sind um Infektionsverläufe rechtzeitig einzudämmen, und ist berechtigt, einzelne Länder zur Weitergabe von Informationen zur Verbreitung von Krankheiten aufzufordern.

Darüber hinaus fällt das Infektionsschutzrecht als besonderes Gefahrenabwehrrecht weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Union darf hier nur Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergreifen. Hierzu bedarf es einer zentralen Koordinierungsstelle auf europäischer Ebene, die schnell und unabhängig handeln kann. Besagte Stelle muss unter anderem Notfallbestände von Medizinprodukten bereithalten, damit diese je nach Bedarf und Notwendigkeit unter den Mitgliedstaaten verteilt werden. Einseitige
Ausfuhrbeschränkungen und Grenzschließungen der Mitgliedstaaten bedürfen ihrer (notfalls nachträglichen) Genehmigung. Daneben ist eine European Medical Task Force zu gründen, die Mitgliedstaaten unterstützen kann. Mit einem Europäischen Forschungsnetzwerk für Gesundheit soll der Datenaustausch zwischen den einzelnen Forschungszentren verbessert werden.

Europaweite Solidarität in der Patientenversorgung

Zusätzlich zur unionseigenen Unterstützung müssen Mitgliedstaaten, deren medizinische Kapazitäten überlastet sind, auch durch andere Mitgliedstaaten unterstützt werden. Dies kann durch die Lieferung von Medizinprodukten, personelle Unterstützung, aber auch durch die Verlegung von Patientinnen und Patienten in freie Krankenhausplätze anderer Mitgliedstaaten erfolgen. Für den Transport können auch die Streitkräfte herangezogen werden. Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten sind durch die EU zu koordinieren. Gerät einer oder mehrere Mitgliedstaaten in eine medizinische Notlage, müssen die übrigen Mitgliedstaaten erforderlichenfalls auch gezwungen werden können, entsprechend ihrer eigenen Leistungsfähigkeit Hilfe zu leisten. Die Feststellung, dass eine Notlage vorliegt, trifft die Kommission oder bei Untätigkeit, Parlament und
Rat im Einvernehmen mit dem ECDC. Der Rat kann die Notlage jederzeit aufheben. Wir begrüßen deshalb, dass Deutschland bereits Patientinnen und Patienten aus überlasteten Kliniken in Frankreich und Italien aufgenommen hat. Die bisherigen Bemühungen sind allerdings noch lange nicht ausreichend. Alle Mitgliedstaaten müssen in Not geratenen Mitgliedstaaten umgehend jede nur erdenkliche Hilfe zukommen lassen.

Entstehung neuer Zoonosen vorbeugen

Der Tiermarkt in Wuhan gilt als einer der wahrscheinlichsten Ausbruchsorte der COVID-19-Pandemie. Schon die SARS-Pandemie 2002/2003 hatte ihren Ursprung auf einem vergleichbaren Markt. Wir fordern weitgehende transparente Aufklärung und Ermittulungen bezüglich dieses möglichen Ausbruchsortes.  Unterschiedliche Tierarten, oft auch vom Aussterben bedrohte Wildtiere wie das Pangolin, auf engstem Raum unter schlechten hygienischen Bedingungen zu halten, ist nicht nur unter Gesichtspunkten des Arten- und Tierschutzes inakzeptabel, sondern es
birgt auch ein erhebliches Risiko für die Entstehung neuartiger Zoonosen. Deshalb fordern wir ein internationales Abkommen, das den Wildtierhandel sowie den Umgang mit Nutztieren reguliert. Wildtiere dürfen nicht zu Brauchtumszwecken oder für nicht-wissenschaftliche Tierpräparate gehalten, gehandelt oder getötet werden. Der Verzehr von carnivoren Warmblütern, Primaten und anderen Wildtieren, die aufgrund einer besonders hohen Keimbelastung nicht sicher verzehrbar sind (z.B. Fledertiere und Füchse), ist grundsätzlich zu verbieten. Besagte Wildtiere dürfen auch nicht gehalten, gehandelt oder getötet werden, um als Nahrung zu dienen. Für legale Tierhaltung und -handel sowie die Verarbeitung von Tierprodukten sind verbindliche Mindeststandards festzuschreiben. Die Haltung muss so erfolgen, dass Infektionsrisiken minimiert werden. Tiermärkte wie jener in Wuhan sind folglich verboten. Handel- und Schlachtplatz müssen voneinander getrennt sein und unterschiedliche Tierarten müssen an unterschiedlichen Orten geschlachtet und verarbeitet werden. Fleisch und Fisch sind so aufzubewahren, dass eine Konservierung gewährleistet und die Entstehung gefährlicher Keimbelastungen und deren Übertragung ausgeschlossen ist.

Selbst mit umfassenden Regulierungen lässt sich die Gefahr neuartiger Zoonosen nicht vollständig eliminieren. Das Risiko, dass der Mensch mit neuen Krankheitserregern in Kontakt kommt, kann lediglich minimiert werden. Tierische Reservoirs müssen deshalb umfassender überwacht und erforscht werden. Hierzu ist eine deutliche Anhebung der finanziellen Mittel erforderlich. Auch muss erwogen werden, Medikamente und Impfstoffe bereits präventiv, also vor einem möglichen Ausbruch, zu entwickeln. Hier ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert, die Bemühungen der nationalen Gesundheitsbehörden zu koordinieren.

Aus den Fehlern im Umgang mit COVID-19 lernen

Die Volksrepublik China trifft eine erhebliche Verantwortung an der Ausbreitung von SARS-CoV-2, indem sie zu Beginn den Virusausbruch verschwiegen, Beweise vernichtet und die WHO verspätet informiert hat. Damit hat die Volksrepublik ihre völkerrechtlichen Pflichten verletzt. Zudem hat sie Warnungen der eigenen Ärzteschaft lange ignoriert und dem Virus damit Zeit für eine Verbreitung verschafft. Diese Versäumnisse müssen lückenlos aufgeklärt werden. Ferner muss die Volksrepublik China von der Staatengemeinschaft und insbesondere der Europäischen Union sanktioniert werden.

Auch die WHO hat an dieser Stelle falsche Signale gesendet, indem sie Xi Jinping für ein vermeintlich gutes Eingreifen öffentlichkeitswirksam gelobt hat. Dies wurde in China propagandistisch auf weltweiter Bühne ausgespielt. Die WHO darf sich nicht noch einmal auf diese Art und Weise zum Spielball für die Öffentlichkeitsarbeit eines Staates machen. Nach der Corona Krise muss dieser Missstand von einer unabhängigen Kommission aufgearbeitet werden und es sollen Verbesserungsvorschläge für die WHO entwickelt werden. Das RKI ist stärker in die Arbeit der WHO einzubinden. Zur Bekämpfung, aber auch zu Präventions- und Forschungszwecken braucht es einen regelmäßigen Datenaustausch der beteiligten Stellen unter Wahrung datenschutzrechtlicher Standards, insbesondere Anonymisierung.

Während sich die Volksrepublik China absolut unverantwortlich verhalten hat, ist es demokratischen Staaten wie Südkorea und Taiwan gelungen, die Epidemie nach den ersten Krankheitsfällen erfolgreich und frühzeitig erfolgreich einzudämmen. Aus diesen positiven Erfahrungen kann die Staatengemeinschaft lernen. Es ist daher bedauernswert, dass Taiwan auf Druck der Volksrepublik immer noch nicht WHO-Mitglied ist. Einzelne Staaten aus politischen Gründen von den Informationen der WHO sowie auch der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) abzukapseln, stellt zudem eine akute Gefährdung der weltweiten Gesundheit dar. Deshalb fordern wir die sofortige Aufnahme Taiwans in die WHO und die ICAO.

Sunsetklausel

Als Reaktion auf die gegenwärtige COVID-19-Pandemie entfaltet dieser Beschluss keine
über die Pandemie hinausgehende Wirkung. Der Bundesvorstand wird beauftragt die
beschlossenen Maßnahmen zum Ende des Jahres 2021 zu evaluieren.

Weitere Beschlüsse

04.04.2024

Freie Wahl an der Tankstelle – Oligopol verhindern!

Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für das Betanken von E-Autos führt aktuell zu einer ähnlichen Oligopolbildung, wie sie von konventionellen Tankstellen...
04.04.2024

Sozialer Klimaschutz mit liberaler Klimadividende

Zum sozialen Ausgleich der steigenden CO2-Bepreisung fordern wir Junge Liberale die Einführung eines liberalen Klimagelds – der Klimadividende. Die soziale...
04.04.2024

Geh doch Blutspenden, wo du willst!

Die Jungen Liberalen wollen Blutspenden einfacher und unbürokratischer gestalten. Dazu wollen wir einen bundesweiten Blutspendeausweis einführen. Der bundesweite Blutspendeausweis soll...
Kategorien:
Filter Beschluss Organ
Mehr anzeigen