28.04.2018

Organspende-Wunsch respektieren – Organspende-Mangel begegnen

Obwohl die grundsätzliche Bereitschaft zu Organspende in der Bevölkerung groß ist, ist der Anteil der tatsächlichen Spender sehr gering und deckt den Bedarf an benötigten Spenderorganen in Deutschland bei weitem nicht.

Die Jungen Liberalen fordern deshalb die bundesweite Einführung einer allgemeinen Organspenderkartei. Anstatt der bisher angewendeten Opt-in-Entscheidungsregel, die die Organspende zur Ausnahme von der Regel macht, soll die Mandated Choice-Lösung umgesetzt werden. Der Kern dieser Herangehensweise ist eine den Bürgern angeordnete Willensäußerung. Diese garantiert die klare Feststellung der Meinung eines jeden Bürgers und lässt eine eingehendere Auseinandersetzung mit der Thematik erhoffen. Dabei werden alle Bürger bei jeder Beantragung eines Personalausweises oder Reisepasses nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahres aufgefordert, sich bezüglich ihrer Bereitschaft zur Organspende klar zu äußern.

Die Entscheidung wird aus Datenschutzgründen jedoch nicht auf dem Personalausweis markiert; Datenschutz hat oberste Priorität.

Daneben befürworten die Jungen Liberalen die gestaffelte Entscheidungsmöglichkeit zur Organspende bereits ab 14 Jahren.

Die Entscheidungsmöglichkeiten sind hierbei so einfach und unbürokratisch wie möglich einzurichten.

Jede Registrierung als Spender oder Nicht-Spender ist jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufbar.

Ein offizielles digital zugängliches Spenderregister muss dementsprechend allen betreffenden medizinischen Einrichtungen zugänglich gemacht werden. Es ist daneben hilfreich, persönlich mit Angehörigen über den eigenen Wunsch zu sprechen, sodass im Todesfall eine schnelle Entscheidung im Sinne des Verstorbenen möglich ist und eine noch höhere Belastung für die Hinterbliebenen durch die Entscheidungslast als durch den Trauerfall selbst bereits eingetreten ist, vermieden werden kann.

Ja zur erweiterten und reversiblen Entscheidungsregelung

Die Entscheidung, Organe und wenn ja, welche, zu spenden, muss von jedem Menschen jederzeit bewusst und frei getroffen werden können. Daher sprechen sich die JuLis für die Beibehaltung der erweiterten Entscheidungsregelung, sowie für stark verbesserte Aufklärung über Organspenden aus. Dies ist nötig, um Angst oder Unverständnis gegenüber dem Spenden von Organen abzubauen. Neben der Aufklärung in den Medien ist es auch nötig, an Schulen jungen Menschen den Ablauf und die Folgen der Entscheidung näherzubringen.

Die Entscheidung für oder gegen eine komplette oder teilweise Organentnahme nach dem zweifelsfrei festgestelltem Hirntod muss daher außerdem jederzeit reversibel sein. Bei Änderung einer Entscheidung darf die Registrierung nicht durch zeitliche und bürokratische Hürden verzögert werden. Die Entscheidung wird bindend durch die Unterschrift des möglichen Spenders. Bis der Gesetzgeber eine Entscheidung zu dieser Thematik trifft, sehen wir JuLis uns in der Pflicht, Aufklärung zu betreiben. Deshalb fordern wir, dass auf zukünftigen Kongressen (Bezirk, Land, Bund) der Organspendeausweis ausgelegt werden muss. Die Ausweise sollen in den jeweiligen Geschäftsstellen vorrätig sein.

Rechtsverbindlichkeit des Organspendeausweises

Der Organspendeausweis ist eine eindeutige Willensbekundung eines Menschen, seine Organe nach dem Tod anderen Menschen zu Verfügung zu stellen. Dieser Wunsch muss ohne erneute Befragung von Angehörigen des Verstorbenen respektiert werden. Organspendeausweise sollen nicht weiter umgangen werden können und auch gegen den ausdrücklichen Willen von Angehörigen durchgesetzt werden. Der Respekt vor der verstorbenen Person und ihrer freien Entscheidung gebietet die Einhaltung ihrer Willensbekundung.

Gestaffelte Entscheidungsmöglichkeit ab 14 Jahren

Wer alt genug ist, sich für eine Religion zu entscheiden, ist ebenfalls alt genug, um sich grundsätzlich gegen eine komplette Organspende zu entscheiden. Die Entscheidung ist jedoch bis zum Erreichen der Volljährigkeit von den Erziehungsberechtigten anfechtbar. Sollte kein Widerspruch vorliegen, obliegt es wie bisher allein der Entscheidung der Erziehungsberechtigten, ob die Organe des verschiedenen Kindes zur Spende freigegeben werden.

Wer alt genug ist, um in Bürgerentscheiden und Kommunalwahlen zu wählen, ist ebenfalls alt genug, um eine reflektierte, differenzierte und eigenverantwortliche Entscheidung über den Umgang mit dem eigenen Körper im Todesfall zu fällen. Ab 16 Jahren gilt daher volles Entscheidungsrecht. Die Entscheidung ist hierbei ebenfalls bis zum Erreichen der Volljährigkeit von den Erziehungsberechtigten anfechtbar.

Mit Erreichen der Volljährigkeit ist eine Entscheidung durch die Hinterbliebenen nicht mehr anfechtbar.

Regelmäßige Abfrage 

Sowohl bei jeder Ausstellung eines neuen Personalausweises als auch bei jeder neuen Krankenversicherungskarte soll zusätzlich zur offiziellen Organspenderkartei die Möglichkeit gegeben werden, die bisherige Entscheidung zu revidieren. Die Abfrage bei Ausstellung eines Personalausweises erfolgt nicht in einer eigens eingeführten Amtskartei, sondern über Aushändigung der bereits gängigen Organspendeausweise oder in Zusammenarbeit mit einer zentralen Registrierungsstelle.

Bei der Notierung auf einer Krankenkassenkarte muss es möglich sein, online bei seiner Versicherung eine Willensbekundung zur Organspende auszufüllen und damit die Eintragung auf der Krankenkassenkarte zu veranlassen.

Zentrale Registrierungsstelle

Um Spenderinformationen effizient zu bündeln, soll eine zentrale Registrierungsstelle für Organspender beispielsweise bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) oder dem Bundesgesundheitsministerium eingerichtet werden, bei der man sich ebenfalls online registrieren kann. Die Online-Eintragung bei der Krankenkasse und der bundesweiten Registrierungsstelle wird von der jeweiligen Stelle schriftlich bestätigt und wird erst rechtskräftig, indem der Spender diese Bestätigung unterschrieben und an die Registrierungsstelle zurückgeschickt hat oder sich online identifiziert hat.

Eine Registrierung der persönlichen Entscheidung muss in der Übergangszeit auch weiterhin über den Arzt, durch eine Patientenverfügung, Testament oder andere bisherige Anlaufstellen, z.B. per bisher gängigem Organspendeausweis, möglich sein.

Zudem regen die Jungen Liberalen an, sich in Zukunft auch beim Blut(plasma)spenden und in Apotheken als Organspender registrieren lassen zu können.

Alle Länder sollen verpflichtet werden, auch die Rechte und Pflichten von Ärzten, die für Organspenden beauftragt sind, eindeutig zu definieren. So erhalten alle Entnahmekrankenhäuser Rechtssicherheit. Damit soll ermöglicht werden, dass jeder potentielle Organspender auch seine Organe spenden kann.

Grundsätzlich soll jeder Fall eines Hirntodes der DSO gemeldet werden und lebenserhaltende Maßnahmen beim potentiellen Spender bis zu einer Entscheidung nicht eingestellt werden. Bei nicht vorhandener Organspende soll selbstverständlich dem Wunsch auf Abstellen der lebenserhaltenden Maßnahmen in diesem Fall sofort entsprochen werden.

Eine erhöhte Spenderzahl garantiert leider nicht unbedingt höhere Transplantationszahlen. Auch die Infrastruktur, Logistik und die Ausbildung des Fachpersonals sind wichtige Komponenten, die zu einer erfolgreichen Organspende beitragen. Die Jungen Liberalen dringen daher darauf, diese Komponenten zu verbessern und finanziell verstärkt zu unterstützen. Dabei kann sich an Vorbildern orientiert werden, die überdurchschnittlich hohe Transplantationszahlen haben, wie zum Beispiel Spanien. So sollen eine verbesserte dreistufige Transplantationskoordination auf Klinik-, regionaler und nationaler Ebene sowie eine weitere Zentralisierung von Transplantationszentren eingeführt werden. Krankenhäuser sollen bei der Einstellung von Organspendebeauftragten unterstützt werden, die zur Optimierung und Koordination der Transplantationen beitragen.

Innovationspotentiale nutzen

Um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können, setzen wir neben aktuellen und kurzfristigen Lösungen zur Erhöhung der Spenderorgane aber vor allem auch auf wissenschaftliche Innovationen. Hier sind sowohl die Stammzellenforschung und Ansätze des therapeutischen Klonens zu nennen, die mittelfristig den Bedarf an Spenderorganen und Geweben vollständig unabhängig von menschlichen Spendern machen können. Aber auch Ansätze im Bereich von Xenotransplantaten, also der Anzucht von empfängerkompatiblen Organen in gentechnisch veränderten Tieren, stellt eine vielversprechende Möglichkeit dar, um nachhaltige und vor allem auch verträglichere Lösungen für Patienten zu finden.

Hierfür muss Deutschland als Innovationsstandort wieder attraktiver werden, damit wir die Entwicklungen mitgestalten können statt nur auf Entwicklungen aus dem Ausland zu reagieren. Restriktive Forschungs- und Anwendungsverbote sind schlicht nicht zeitgemäß und spielen leichtfertig mit dem Leben zukünftiger Organ-Empfänger. Wir sprechen uns gegen pauschale Forschungs-, Anwendungs- und Denkverbote aus und wollen eine offene Debatte über die Möglichkeiten innovativer Technologien führen. Bedenken dürfen nicht dazu führen, dass wir auch langfristig weiter auf die menschliche Organspende angewiesen sind, die mit verschiedensten Problemen höchstens als Brückentechnologie angesehen werden kann.

Weitere Beschlüsse

04.04.2024

Freie Wahl an der Tankstelle – Oligopol verhindern!

Der Aufbau einer Ladeinfrastruktur für das Betanken von E-Autos führt aktuell zu einer ähnlichen Oligopolbildung, wie sie von konventionellen Tankstellen...
04.04.2024

Sozialer Klimaschutz mit liberaler Klimadividende

Zum sozialen Ausgleich der steigenden CO2-Bepreisung fordern wir Junge Liberale die Einführung eines liberalen Klimagelds – der Klimadividende. Die soziale...
04.04.2024

Geh doch Blutspenden, wo du willst!

Die Jungen Liberalen wollen Blutspenden einfacher und unbürokratischer gestalten. Dazu wollen wir einen bundesweiten Blutspendeausweis einführen. Der bundesweite Blutspendeausweis soll...
Kategorien:
Filter Beschluss Organ
Mehr anzeigen