Die Selbstbestimmung des Einzelnen ist für uns Junge Liberale eines der höchsten Güter in einer freien Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzlich die freie und selbstbestimmte Entscheidung jedes Individuums, Rausch- und Betäubungsmittel (Im Folgenden: BTMs) zu konsumieren oder eben nicht. Gleichwohl ist uns bewusst, dass beim Genuss von BTM die Gefahr einer dauerhaften und gesundheitsschädlichen stoffgebundenen Abhängigkeit besteht, welche die Möglichkeit der Selbstbestimmung erheblich einschränken kann. Hier kann die freie und selbstbestimmte Entscheidung eines Individuums bezüglich des Konsumverhaltens nicht mehr gegeben sein. Weiterhin erkennen wir an, dass das Konsumverhalten eines Einzelnen sich schädigend auf sein soziales Umfeld und die Gesellschaft im Allgemeinen auswirken kann.
Auf dieser Grundlage fordern wir eine Trendwende in der BTM-Politik.
Konsumenten entkriminalisieren
Die derzeitige Politik der Prohibition im Umgang mit BTM ist gescheitert. Statt Probleme im Umgang mit stoffgebundener Abhängigkeit zu beheben oder zu reduzieren führt sie eher zum Gegenteil, nämlich zu Stigmatisierung und zur Verbannung Abhängiger in kriminelle Milieus. Wir setzen uns daher für die Entkriminalisierung des privaten Besitzes von und des Eigentums an BTM ein.
Handel legalisieren
Der Verkauf von BTM an Endverbraucher ist ausschließlich in zertifizierten Vertriebsstellen erlaubt, bei der die umfassende Information der Konsumenten im Vordergrund steht. So sind die abgebenden Stellen u.A. verpflichtet, den Käufer auf Unverträglichkeiten der Stoffe mit anderen Stoffen (z.B. Medikamenten) hinzuweisen. Für diese genehmigungspflichtigen Vertriebsstellen müssen seitens des Gesetzgebers bundesweit einheitliche Regularien entworfen werden, um so den größtmöglichen Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleisten zu können. Die Einhaltung der Vorgaben muss einer strengen Kontrolle unterliegen und Zuwiderhandlungen müssen mit entsprechenden Sanktionen belegt werden. Die Abgabe und der Handel jenseits der zertifizierten Verkaufsstellen ist strafbar und muss von den Behörden konsequent verfolgt werden. Voraussetzung für die Zertifizierung ist die Einrichtung separater Bereiche für die Aufbewahrung und den Verkauf der BTM sowie die Beratung der Kunden. Die Zertifizierung erfolgt durch die kommunale Gewerbeaufsicht im Rahmen ihrer bereits bestehenden Aufsichtspflicht für Arzneimittel. Auf Wunsch sollte zudem vor jedem Verkauf ein automatisierter Datenabgleich z.B. mittels elektronischer Gesundheitskarte, um gesundheits- bzw. lebensgefährliche Wechselwirkungen mit Medikamenten zu vermeiden.
Bei der Beratung muss der Händler über Abhängigkeitsrisiken, Abhängigkeitspotential, Konsumverhalten und mögliche körperliche und geistige Kurzzeit- und Langzeitschäden sowie das Letalitätsrisikoaufklären. Der Verkauf ist nur an Personen ab 18 Jahren erlaubt. Die Weitergabe von BTM an Minderjährige soll weiterhin unter besonders hohe Strafe gestellt und konsequent verfolgt werden.
Nach dem schwedischen Vorbild aus der Spielsuchtprävention sollen sich die Konsumenten von BTM vor dem Erwerb selbst ein monatliches Konsumlimit setzen.
Herstellung, Anbau und internationaler Handel
Die Herstellung und der Anbau von BTM und ihren Rohstoffen für eine kommerzielle Nutzung ist nach Vergabe einer Anbau-/Produktionslizenz zu legalisieren.
Der Anbau und die Herstellung dürfen nur unter Einhaltung einer speziellen Sicherungspflicht, insbesondere was die Zugänglichkeit für Minderjährige betrifft, erfolgen.
Um die Vorgaben des Art. 71 III des Schengen-II-Abkommens einzuhalten, muss der Gesetzgeber entsprechende Normen formulieren, welche die Ein- und Ausfuhr von BTM in Hoheitsgebiete mit fortdauernder Prohibition untersagen. Zuwiderhandlungen sind mit entsprechenden Strafen zu ahnden.
Die BTM sind regelmäßig auf Qualität zu prüfen. Die Kontrollen sind von unabhängigen Prüfinstituten oder staatlichen Stellen beim Hersteller oder Importeur durchzuführen und von ihm zu finanzieren.
Internationale Regulierung
Um eine neue BTM-Politik konsequent durchzusetzen, muss die Legalisierung von BTMs auf europäischer und internationaler Ebene flankiert werden. Das Einheitsübereinkommen von 1961 über Suchtstoffe, das Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe und das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen sind einseitig zu kündigen. Zur Unterstützung des national eingeschlagenen Weges im Rahmen der BTM-Politik sollte Deutschland auf internationaler Ebene die Bildung eines Bündnisses anstreben, welches die liberalisierungsbefürwortenden Länder vereinigt. Perspektivisch ist ein neues UN-Abkommen anzustreben.
Prävention und Rehabilitation
Als Junge Liberale sehen wir Prävention im Bereich der BTM als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Präventionsarbeit soll eine eigenverantwortliche und eigenständige Entscheidung hinsichtlich des Konsums von BTM ermöglichen. Vom aktuell vorherrschenden Abstinenz-Dogma muss zugunsten einer an Eigenverantwortung und Aufklärung orientierten Prävention abgerückt werden. Dazu gehören:
- jugendgerechte, ausgewogene Aufklärungsarbeit an Schulen, in Jugendeinrichtungen etc.
- Aufklärung durch Personen, die selbst bereits häufig in Kontakt mit Konsumenten getreten sind (z.B. Streetworker, Mitarbeiter von Drogenberatungsstellen, etc.)
- Aufklärungsarbeit auch in sozialen Medien
- Schaffung von Anlaufstellen für Angehörige von Betroffenen und deren explizite Bewerbung
- „Drug-Checking“ als Pilotprojekte verwirklichen und Rechtssicherheit hierfür schaffen
- eine flächendeckende Einrichtung von Konsumeinrichtungen nach Vorbild der sogenannten „Druckräume“ bzw. „Fixerstuben“
- Solange der Besitz von BTM strafbar ist, soll sich strafrechtliche Verfolgung nach mehrmaliger Überschreitung der angemessenen Besitz-Höchstgrenze am Prinzip „Therapie statt Strafe“ orientieren. Eine umfassende und zeitnahe Bereitstellung von Therapieplätzen für Abhängige muss gewährleistet werden. Hierzu sind die im Zuge der Abschaffung prohibitiver Maßnahmen freiwerdenden Mittel zu verwenden. Als Orientierung für mögliche Wege gemäß des Grundsatzes „Therapie vor Strafe!“ können alternative Konzepte europäischer Länder wie Österreich und Portugal dienen.
Verhältnis zu Dritten
Beim Konsum von BTM ist darauf zu achten, dass dadurch keine Dritten unwillentlich zu Schaden kommen. Insbesondere ist hierbei darauf zu achten, Dritte im öffentlichen Raum vor ungewolltem passivem Konsum zu schützen.
Das Führen eines Kraftfahrzeuges unter BTM muss vergleichbar wie beim Alkohol geahndet werden soweit die Wirkweise des jeweiligen Betäubungsmittels eine solche Regelung zulässt. Verbindliche Grenzwerte müssen nach sorgfältiger wissenschaftlicher Prüfung die vorhandenen Regelungen ersetzen.