05.04.2020

Gemeinsam bieten wir Corona die Stirn! Eine liberale Antwort auf die Pandemie

Dieser Beschluss wurde in der Sitzung des erweiterten Bundesvorstands am 7. März 2021 überarbeitet. Hier ist die aktuelle Version abgebildet.


Die Corona-Pandemie hat schwere Auswirkungen auf unser Zusammenleben. Das öffentliche Leben steht weitestgehend still, Schulen sind geschlossen, es gelten Ausgangsbeschränkungen, Arbeitnehmer, Unternehmen und Selbstständige bangen um ihre wirtschaftliche Existenz. Besonders Angehörige von Risikogruppen sorgen sich um das Wohlergehen ihrer Familien, viele Menschen wissen nicht, was die unmittelbare Zukunft bringen wird.
Die Folgen der COVID-19-Pandemie sind noch weitestgehend unabsehbar. Für uns Junge Liberale ist klar, dass es zuallererst um die Rettung von Leben geht und im Anschluss darum, die langfristigen Folgen für Gesellschaft, Wohlstand und Freiheit zu mildern. Daher bedarf es geeigneter Maßnahmen, um ähnliche Ausbrüche zukünftig zu verhindern, den aktuellen Ausbruch zu bekämpfen und in seinen
Auswirkungen zu lindern:

Bleibt gesund und frei

Die Corona-Pandemie hat in Deutschland bereits tausende Todesopfer gefordert und die Zahl steigt leider täglich. Bisher konnte ein ausarten der Fallsterblichkeitsrate durch das Coronavirus in Deutschland verhindert werden. Das liegt vor allem am bisher funktionierenden Gesundheitssystem. Es geht derzeit nicht nur darum, die Ansteckungskurve abzuflachen, damit die Kapazitäten nicht überlastet werden, sondern auch um den Erhalt und Ausbau der medizinischen Kapazitäten.

  • Die Bundesregierung muss alles tun, um schnellstmöglich eine ausreichende Versorgung und inländische Produktion von Schutzkleidung, Schutzmasken und Desinfektionsmitteln zu erreichen. Vor allem die virenhemmenden Schutzmasken der Klassen FFP2 und FFP3 werden dringend gebraucht. Die gestiegenen Preise locken zwar neue Anbieter auf den Markt, doch diese liefern oft schlechte Qualität. Häufig werden auch Lieferungen an den Grenzen beschlagnahmt oder kommen aus anderen Gründen nicht an. Eine Produktion in Deutschland wäre zwar derzeit kostendeckend möglich, scheitert aber an Zulassungsbestimmungen und an der Unsicherheit, ob die Preise bald wieder fallen. Deshalb muss der Staat eine schnelle Zertifizierung sicherstellen und für einen gewissen Zeitraum eine Abnahmegarantie geben, damit der Nachschub aus deutscher Produktion
    sichergestellt werden kann.
  • Die Jungen Liberalen befürworten eine Maskenpflicht im öffentlichen Leben. Das schließt ausdrücklich die Beschäftigten in Supermärkten und anderen Geschäften ein. Masken meint ausschließlich medizinische Masken, also OP-Masken oder FFP-2-Masken. Die Masken müssen ordnungsgemäß getragen werden und direkt auf der Haut aufsitzen. Es ist sicherzustellen, dass die gesamte Bevölkerung mit Masken versorgt wird. Personen, die sich die Masken nicht leisten können, sind durch entgeltfreie Lösungen zu versorgen. Bürokratische und teure Lösungen wie die
    postalische Versendung von Maskengutscheinen lehnen wir ab.
  • Kliniken und Krankenhäuser befinden sich auch außerhalb der aktuellen Krise in einer Situation dauerhafter personeller Engpässe. Pflegepersonal und Ärzte müssen durch den Abbau von Dokumentationspflichten entlastet werden. Hier muss weitgehender Verzicht auf nicht unbedingt notwendige Formalien angeordnet werden. Außerdem muss geprüft werden, welche Dokumentationsprozesse durch digitale Hilfsmittel vereinfacht und beschleunigt werden können. Zur Entlastung der Pflege sind verstärkt technische Hilfsmittel, zum Beispiel pflegeunterstützende Maschinen zur Verfügung zu stellen.
  • Die dramatischen Personalengpässe erfordern eine deutliche Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs. Dies muss sich auch finanziell niederschlagen. Wir setzen uns deswegen für eine stärkere Tarifbindung im Pflegebereich ein. Damit die Arbeit von Ärzten an den Kliniken attraktiv bleibt, wollen wir die Vergütungsstruktur für Ärzte anpassen und mittelfristig dem Ärztemangel durch eine Erhöhung der Studienplätze für Humanmedizin begegnen. In dem Zusammenhang befürworten wir eine steuerfreie Corona-Prämie für besonders krisenrelevante Berufe mit höherer Ansteckungsgefahr, wie Verkäufer, Pfleger, Ärzte, Postboten und ähnliche Berufe. Zudem fordern wir die Übernahme von Essens- und Getränkelieferungen an Klinikpersonal und Pflegepersonal in anderen Versorgungseinrichtungen, z.B. Altenheimen, während und nach der Arbeit nach dem
    Beispiel Bayerns, die Kosten werden durch die Bundesregierung getragen.
  • Um dringend notwendiges medizinisches Fachpersonal für die Krisensituation zu gewinnen, fordern wir attraktive Angebote an pensionierte Ärztinnen und Ärzte, die außerhalb des medizinischen Dienstes arbeiten, sowie die Mobilisierung von pensioniertem Bundeswehr-Personal oder der freiwillige Abruf von Reservisten. Auch ist eine großangelegte Einstellungskampagne für Medizinstudierende durchzuführen. Dabei sollen PJler rechtssicher erweiterte Befugnisse erhalten.
    Dabei ist jedoch eine angemessene Ausbildung für die Facharztausbildung sicherzustellen. Solange es möglich ist, sollen sie vor allem für unterstützende Tätigkeiten eingesetzt werden, um das vorhandene Fachpersonal zu entlasten.
  • Die Jungen Liberalen kritisieren, dass junge Menschen in der Impfstrategie der Bundesregierung kaum bis gar nicht berücksichtigt werden. Wer als junger Mensch ein Risiko für einen gefährlichen Verlauf von Covid-19 hat, darf beim Zugang zu Impfstoff nicht schlechter gestellt sein als eine ältere Person mit einem vergleichbaren Risiko. Schließlich muss die Bundesregierung umgehend erklären, wann auch ausreichend Impfstoff für junge Menschen, die keiner Risikogruppe angehören, verfügbar sein wird.
  • Außerdem ist eine Einstellungskampagne für Studierende, Promovierende und Postdocs aus chemischen/biologischen (und verwandten) Studiengängen bzw. Forschungsbereichen sowie für Auszubildende aus entsprechend fachnahen Tätigkeitsfeldern durchzuführen. Diese können Labore bei Corona-Tests (z.B. bei der Durchführung von PCR, Isolation von RNA, Vornahme von Abstrichen und bei dem Probetransport) unterstützen.
  • Um die Ausbreitung neuer Mutationen beziffern und somit steigenden Fallzahlen vorbeugen zu können, fordern wir eine umfassende Sequenzierung der Covid-19 positiv Getesteten. Die erhobenen Daten sollen anonym erhoben werden und die regionale Verbreitung erfassen, eine mutationsspezifische Meldepflicht lehnen wir ab.
  • Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, die Post-COVID Forschung zu unterstützen und auszubauen, um protektive Faktoren und eine genauere Ätiologie und Pathophysiologie herauszuarbeiten und somit bessere Schutz- und Therapiemechanismen zu ermöglichen.
  • Die Bevölkerung steht einen Informationsüberfluss gegenüber. Kontroverse Studien, Widersprüche und konträre Expertenmeinungen erschweren es einen Überblick zu behalten. In Anbetracht dessen fordern wir die Bundesregierung dazu auf, ihre Entscheidungsgrundlagen transparenter zu gestalten und zu kommunizieren.
  • Die medizinische und psychische Versorgung muss auch während einer Pandemie in ihrer Breite sichergestellt werden. Eine Verstärkung der Telemedizin kann Arztbesuche und Therapietermine ersetzen, wenn hierfür die erforderlichen Rechtsgrundlagen und Leitlinien geschaffen werden. Auch reguläre Behandlungen sollen zukünftig durch Nutzung der Telemedizin ermöglicht werden.
  • Zwangsverpflichtungen von Medizinern und medizinischem Fachpersonal werden ihrer außergewöhnlichen Arbeit während der COVID-19-Pandemie nicht gerecht. Deshalb lehnen wir sie in der jetzigen Situation strikt ab. Ebenso lehnen wir Zwangsverpflichtungen zu Arbeitsdiensten grundsätzlich ab. Solche Forderungen widersprechen dem Grundrecht auf freie Berufsausübung und sind kein angemessenes Mittel zur Erleichterung der Pandemie-Bekämpfung.
  • Zulassungsverfahren für Impfstoffe gegen Sars-CoV-2 müssen weiterhin mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden. Jedoch sind rein bürokratische Teile des Zulassungsverfahrens zu beschleunigen und Anträge mit der gebotenen Priorität zu bearbeiten. Zur Entlastung des Gesundheitssystems ist eine hohe Impfrate in der Bevölkerung gegen Influenza wünschenswert. Es sollen verstärkt wissenschaftlich fundierte Impfkampagnen stattfinden. Engpässen bei der Impfstoffversorgung muss vorgebeugt werden. Die Zulassung von im Ausland entwickelten Impfstoffen darf ausschließlich aufgrund von medizinischen Kriterien erfolgen. Die Zulassung von Impfstoffen als Gegenstand außenpolitischer Erwägungen lehnen wir ab.
  • Bereits zu diesem Zeitpunkt sind viele Mängel und Lücken bei der Ausarbeitung, Planung und Durchführung der Impfstrategie festgestellt worden. Daher halten wir ein professionelles Projektmanagement der Logistik für notwendig.
  • Impfzentren stellen uns nicht nur vor logistische Herausforderungen, sondern sorgen in der Bevölkerung auch für Skepsis gegenüber er Impfung. Wir fordern die schnellstmögliche Einbindung der Hausärzte in die Impfstrategie und entsprechende Regelungen an deren Räumlichkeiten anzupassen, damit die Hausärzte ihre Impfarbeit schnellstmöglich aufnehmen können.
  • Sobald ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht fordern wir, dass Apothekern (nach einer Einweisung in die intramuskuläre Injektion in den Oberarm) die Impfung gegen das Sars-CoV-2 genehmigt wird. Entsprechende rechtliche Regelungen sind anzupassen.
  • Für übriggebliebene Impfdosen setzen wir uns dafür ein, ein digitales und anonymisiertes Impfsystem einzurichten. So können auf der Karte Institutionen wie Krankenhäuser erfasst werden, welche noch ungeimpftes Personal haben. So können vor allem Impfstoffe mit kurzer Haltbarkeit vollständig verwendet werden. Darüber hinaus können Impfdosen den Bürgern flexibel und spontan zum Erwerb zur Verfügung gestellt werden. Die Verschwendung von Impfdosen aufgrund bürokratischer Hürden gilt weitestgehend auszuschließen.
  • Risikopatienten und chronisch Kranke, die teilweise den Gruppen 2 und 3 der Impfreihenfolge der Bundesregierung zugeordnet werden können, ist die Beschaffung eines Attests zur priorisierten Impfung schwer möglich. Daher sollte der Attest ausstellende Arzt den Patienten direkt vor Ort impfen. So werden diese Personen durch eine Reduzierung vermeidbarer Wege und Kontakte weniger Risiken ausgesetzt.
  • Bereits jetzt werden Studien zum Impfen von 12- bis 16-Jährigen durchgeführt, diese sollen nach und nach und in Anbetracht der durch die Helsinki Deklaration geltenden Normen auf jüngere Kinder ausgeweitet werden. Um die Pandemie in den Griff zu bekommen ist ein Impfschutz der Kinder und Jugendlichen essenziell, da diese sonst dem Sars-CoV-2 als Refugium dienen.
  • Die Jungen Liberalen sprechen sich für ein bundes- oder landesweites digitales Impfportal aus, dass die Anmeldung und Verteilung des Impfstoffes effektiv koordiniert.
  • Durch die Anlegung von Reserven sowie Verträge mit der Industrie, welche eine schnelle Steigerung der Produktion ermöglichen, sind Engpässe in der Versorgung des medizinischen Fachpersonals mit Mund- und Atemschutz, Desinfektionsmitteln und anderen notwendigen Medizinprodukten zu reduzieren. Die Reimportklausel bei Medikamenten nach dem Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz ist abzuschaffen.
  • Damit die Kapazitäten der Krankenhäuser und Kliniken in Deutschland nicht überlastet werden, ist zu prüfen inwiefern behelfsmäßige und provisorische Krankenhäuser etwa in Stadthallen oder Kongresszentren oder Erweiterungen bestehender Krankenhäuser schnell errichtet werden können, um bestehende Krankenhäuser zu entlasten.
  • Wir dürfen die mittel- und langfristigen Schäden durch das Nichtdurchführen verschiedener Operationen und Screenings nicht außer Acht lassen. Diese sollen nicht auf unbestimmte Zeit aufgeschoben werden, sondern müssen im Falle von Kapazitätsproblemen auf umliegende Krankernhäuser ausgelagert oder auf einen genauen Zeitpunkt terminiert werden.
  • Krankenhäuser haben aufgrund des SARS-CoV-2 Virus erhebliche Kostensteigerungen, die nicht vollständig durch die Gebühren für die Behandlung der Patienten kompensiert wird. Wir fordern deshalb vor allem einen sofortigen finanziellen Ausgleich für den Mehraufwand bei Verbrauchsmaterialien und mehr Unterstützung bei der Bereitstellung von zusätzlichen Kapazitäten im Intensivbereich. Der Satz für Telefonauskünfte muss zudem erhöht werden, da ärztliche Telefonauskünfte derzeit besonders sinnvoll sein können, sich allerdings finanziell weniger lohnen.
  • Pandemien und Epidemien kennen keine bürokratischen Regeln bei ihrer Ausbreitung. Deshalb müssen wir in diesen Ausnahmesituationen die rechtlichen Rahmenbedingungen bei den Honorar- und Abrechnungssystemen für Ärzte und Krankenhäuser anpassen. Mittelfristig brauchen wir ein neues liberales Vergütungssystem, welches sich am realen Aufwand orientiert.
  • Das Robert-Koch-Institut soll künftig stärker in den europäischen Verbund der Seuchenschutzbehörden und die Arbeit der WHO eingebunden werden. Zudem braucht es einen regelmäßigen Datenaustausch aller europäischen Stellen, um Prävention und Forschung zu verbessern. Auch die Fallzahlenerfassung des RKI ist durch eine digitale Erfassung zu modernisieren, um eine Echtzeitwiedergabe der gemeldeten Fälle zu ermöglichen. Um die Zuverlässigkeit der Zahlengrundlage nicht zu gefährden, sollte auch neben einer gesicherten Fallzahlenstatistik eine tagesaktuelle Hochrechnung erfolgen. Ebenso wollen wir in fachlichen Fragen politische Unabhängigkeit für das RKI schaffen. Dafür sollen der Präsident des RKI und ein neu zu schaffender Vorstand in fachlichen Fragen weisungsunabhängig sein; die Mitglieder sind mit einer festen Amtszeit ohne Wiederwahlmöglichkeit zu ernennen und dürfen nur bei gravierenden Pflichtverletzungen abgesetzt werden.
  • Die schnelle und effektive Kontaktverfolgung ist zur Eindämmung der Pandemie unerlässlich. Die Gesundheitsämter müssen ihre interne Kommunikation und die Kontaktaufnahme zu Bürgerinnen und Bürger sowie anderen Stellen digitalisieren und beschleunigen. Die Ämter müssen einen Schichtbetrieb einrichten und so auch nachts und an Wochenenden einsatzfähig sein. Zudem sollen Freiwillige die Chance erhalten, die Arbeit der Gesundheitsämter zu unterstützen. Gerade für Studierende, die ihren Nebenjob verloren haben, kann dies eine attraktive Möglichkeit sein.
  • Die Vermeidung physischer Kontakte bedeutet für einige Menschen eine besondere Härte. Opfer häuslicher Gewalt befinden sich in einer Notlage, in denen Ausweichmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt sind. Die Informationsarbeit und die Hilfsangebote sind noch präsenter zu machen und zu bewerben. Hilfstelefone für Betroffene häuslicher Gewalt für Opfer jedes Geschlechts oder Alters sind stärker in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern und während einer akuten Krise zusätzlich zu besetzen, exkludierende Bezeichnungen sind durch inklusive zu ersetzen.
  • Um Gewalt in Familien keinen Raum zu geben fordern wir eine Ausweitung der Tätigkeit von Jugendämtern und Service-Hotlines. Dabei befürworten wir Hausbesuche und persönliche Gespräche der Jugendamtsmitarbeiter und eine stärkere soziale Interaktion unter Beachtung der Hygienemaßnahmen in Kinderheimen. Zudem fordern wir neben dem guten Angebot der Telefonhotline „Gewalt gegen Frauen“ die Telefonhotline „Gewalt an Männern“ ebenfalls mit einer

    täglichen Erreichbarkeit rund um die Uhr (24/7) auszustatten.

  • Auch im Rahmen eines stark reduzierten Gerichtsverkehrs muss die Bearbeitung von Anträgen nach dem Gewaltschutzgesetz gewährleistet werden. Einsamkeit und Isolation können auch psychische Erkrankungen wie Depressionen steigern oder hervorrufen. Telemedizinische Betreuung von Patienten durch Psychiater und Psychotherapeuten muss vollständig möglich sein. Der Bedarf an Psychotherapie hat bereits vor der Corona Pandemie zugenommen. Durch die Lockdown-Regelungen, damit einhergehende soziale Beschränkungen und wirtschaftliche Schäden leiden die Menschen zunehmend und benötigen häufig Unterstützung in Form von Psychotherapie. Da das Angebot dieser durch das planwirtschaftliche Modell der Kassensitzvergabeplätze beschränkt wird, fordern wir eine freie Niederlassung für Psychotherapeuten. Digitale und telefonische Hilfsangebote sind auszubauen.
  • Konsequente und zügige Testung stellen eines der wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Corona dar. Während die Kapazitäten für PCR-Tests stark ausgebaut wurden, werden Schnelltests sowie auch das Pooling in der Teststrategie noch nicht ausreichend berücksichtigt. Schnelltests sollten vor dem Besuch größerer Veranstaltung oder dem Kontakt mit Risikogruppen verpflichtend sein. Drohen die Testkapazitäten dennoch eng zu werden bzw. Test nicht rechtzeitig durchgeführt zu werden, sollte auch das sog. Pooling erwogen werden. Hierbei werden die Proben mehrerer Personen (z.B. einer Schulklasse) einer einheitlichen Testung unterzogen werden. Fällt der Test negativ aus, müssen keine weiteren Maßnahmen erfolgen. Fällt der Test positiv aus, wird jede Person einzeln getestet. So kann in größeren Gruppen, in denen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, schnell und flächendeckend auf Infektionen getestet werden, ohne die begrenzten Testkapazitäten zu überlasten. Ein Pooling von Tests sollte insbesondere in Kitagruppen, Schulklassen, Altenheimen und beim medizinischen Personal erwogen werden.
  • Auch in der Krise muss die EU zusammenstehen. Solange in Deutschland noch Kapazitäten in den Krankenhäusern bestehen, befürworten wir die Aufnahme von Patientinnen und Patienten aus europäischen (Nachbar)ländern ausdrücklich.
  • Derzeit ist noch unklar, ob durch die Impfung auch ein Fremdschutz für Nichtgeimpfte besteht. Sofern dies der Fall ist, besteht für ein Großteil der Corona-Maßnahmen kein Grund mehr für Geimpfte. Doch auch wenn nur ein geringer Fremdschutz durch die Impfung bestehen würde, sind Beschränkungen, bspw. Zusammenkünfte mehrere Geimpfter, aufzuheben. Das wichtige Maß für die Aufrechterhaltung sollte mit dem zunehmenden Voranschreiten des Impfens zudem vor allem die Überlastung des Gesundheitssystems darstellen. Alle Maßnahmen müssen daraufhin geprüft werden, ob die Begründung der Grundrechtseinschränkung auch auf bereits Geimpfte zutrifft.
  • Dies bedeutet nicht, dass für Geimpft keine der Corona-Maßnahmen weiterhin Wirkung entfaltet. Insbesondere in Bereichen, in denen die Kontrolle des Impfstatus zu aufwendig ist sollen minimalinvasive Maßnahmen, wie etwa die Maskenpflicht im öffentlichen Raum, weiterhin bestehen bleiben.
  • Geimpfte Personen müssen ihre Grundrechte umgehend zurückhalten, wenn ihre Impfung sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor einer Infektion oder einer Ansteckung anderer Personen mit dem Coronavirus schützt. Grundrechtseingriffe bedürfen stets einer guten Begründung. Eine Person, die andere Personen nicht anstecken kann, stellt aber keine Gefahr da. Daher entfällt auch jede
    verfassungsrechtliche Rechtfertigung, sie mit Einschränkungen zur Bekämpfung der Coronapandemie zu belegen. Diese „Ungleichbehandlung“ verletzt auch nicht den Gleichheitssatz, sondern ist danach sogar geboten. Denn Gleiches darf nicht ungleich, Ungleiches im Umkehrschluss aber auch nicht gleich behandelt werden.
  • Um die medizinische Notlage in Moria und anderen Flüchtlingslagern innerhalb der zu EU zu lösen, fordern wir eine medizinische Versorgung von Asylsuchenden durch die EU und notfalls eine Evakuierung von Flüchtlingslager an der EU-Außengrenze und die vorläufige Unterbringung der Asylsuchenden aus humanitären Gründen. Die Stellung von Asylanträgen muss vor Ort gewährleistet werden, über die Anträge ist mit der gebotenen Dringlichkeit zu entscheiden, um rechtliche Schwebezustände, welche für die Beteiligten besonders belastend sind, so kurz wie möglich zu halten.

Schutz der Bürgerrechte                          

Grundrechte sind unverhandelbar. Sie stehen einer Aufrechnung mit staatlichen Interessen nur in begrenztem Umfang offen. Insbesondere gibt es kein “Supergrundrecht” auf Sicherheit, welches jegliche Freiheitseingriffe legitimieren könnte. Daher sind in Krisenzeiten Liberale umso mehr dazu aufgerufen, Machtverschiebungen vom Einzelnen zum Staat und von den Parlamenten zur Exekutive sowie vertikale Machtkonzentration kritisch zu hinterfragen. Der freiheitliche Rechtsstaat darf nicht einem reinen Effizienzdenken geopfert werden. Allerdings sind die Grundrechte nicht nur Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat, sondern begründen auch eine Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, sich schützend vor die Grundrechte zu stellen. Dies betrifft namentlich Leben und körperliche Unversehrtheit. Dabei darf es sich bei landesweiten Kontaktverboten und ähnlich weitreichenden Grundrechtseingriffen nur um Ausnahmen handeln, die nur im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie verhängt werden. Die gravierenden Folgen, die dies für viele Menschen hat, verkennen wir nicht. Jegliche Maßnahmen
müssen einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen und stetig evaluiert werden. Solche Eingriffe müssen transparent und verständlich für die gesamten Bevölkerung auf verschiedenen Medien begründet werden. Besonders gravierende Grundrechtseingriffe sind nur möglich, wenn das Parlament nach Feststellung einer besonderen Notlage entsprechende Maßnahmen billigt, diese müssen jedoch zeitlich befristet sein und automatisch auslaufen. Dies sind insbesondere Kontaktverbote, Einschränkungen der Versammlungsfreiheit auch für politische Demonstrationen sowie die vorsorgliche Schließung von Betrieben und Geschäften für die Dauer von über einen Monat. Die Möglichkeit der örtlichen Gesundheitsbehörden auf lokale Ausbrüche mit örtlich begrenzten Maßnahmen zu reagieren bleibt davon unberührt. Des Weiteren fordern wir:

  • Die Entscheidung über Grundrechtseinschränkungen bedarf einer komplexen Abwägung verschiedener Rechtsgüter und auch mittelbarer Folgen der Pandemie einerseits, der Maßnahmen und ihrer Nebenfolgen andererseits. Die Jungen Liberalen fordern, insbesondere die psychische Gesundheit stärker als Abwägungsgesichtspunkt von Maßnahmen zu berücksichtigen. Gleiches gilt für soziale und kulturelle Folgen sowie die individuellen Härten hinter vermeintlich rein wirtschaftlichen Einbußen. Solche Abwägungen sollten auch durch Konsultation eines alle Perspektiven abdeckenden Kreises von Sachverständigen vorbereitet werden. Nicht nur Virologen, sondern auch Psychologen, aber auch Ökonomen und Soziologen müssen in Beratungsprozesse verstärkt eingebunden werden.
  • Freiheitsbeschränkungen, die für die Bekämpfung oder Eingrenzung von SARS-CoV-2 ungeeignet sind, lehnen wir ab. Funkzellenabfragen von Infizierten, die Weitergabe von Nutzerdaten durch Mobilfunkunternehmen an Gesundheitsämter oder ein verpflichtendes GPS-Tracking durch den zwangsweisen Download auf Handys lehnen wir als unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ebenfalls ab. Eine freiwillige und anonyme App bspw. auf Basis der Bluetooth-Technologie, die vor Veröffentlichung vom Bundesdatenschutzbeauftragten freigegeben sowie vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert wurde und keine personenbezogenen oder GPS-Standort-Daten speichert, begrüßen wir hingegen ausdrücklich. Polizeiliches Vorgehen gegen Menschen, die sich allein und mit ausreichendem Abstand in der Öffentlichkeit aufhalten, lehnen wir ab. ebenfalls ab. Eine freiwillige und anonyme App bspw.
    auf Basis der Bluetooth-Technologie, die vor Veröffentlichung vom Bundesdatenschutzbeauftragten freigegeben sowie vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert wurde und keine personenbezogenen oder GPS-Standort-Daten speichert, begrüßen wir hingegen ausdrücklich. Polizeiliches Vorgehen gegen Menschen, die sich allein und mit ausreichendem Abstand in der
    Öffentlichkeit aufhalten, lehnen wir ab. Nachtzeit oder räumliche Beschränkungen, etwa ein 15-Kilometer-Bewegungsradius dienen nicht dem Infektionsschutz und sind abzulehnen. Gleiches gilt für Alkohol- und Aufenthaltsverbote in der Öffentlichkeit.
  • Wir fordern verpflichtende Tests in Zügen und PKW sowie in Häfen und Flughäfen anlässlich des Grenzübertritts, um eine kontrollierbare Ausbreitung zu verhindern. Um die Ausbreitung neuer Mutationen zu verhindern, fordern wir insbesondere hier eine vollständige Sequenzierung der Covid-19 positiv Getesteten.
  • Eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr innerhalb Deutschlands ist für uns Junge Liberale ausgeschlossen, da die Unterstützungsmöglichkeiten der Bundeswehr schon heute für die Pandemiebekämpfung ausreichend sind. Die Unterstützung in Alten- und Pflegeheimen, Gesundheitsämtern, Impfzentren, die Beschaffung von Schutzausrüstung und der Transport von Schwerstkranken aus dem Ausland geht bereits in weitem Maße über den verfassungsmäßigen Auftrag hinaus und gefährden mittlerweile die Ausbildungsqualität der Streitkräfte.
  • Sobald es zuverlässige Antikörper-Tests gibt, sollten Personen, die immun gegen SARS-CoV-2 sind, eine entsprechende Bescheinigung erhalten, durch die sie von jeglichen Beschränkungen befreit sind. So könnte das Wirtschaftsleben schrittweise wieder hochgefahren werden.*
  • In offenen Geschäften, insbesondere Supermärkten, müssen, während der Pandemie-Bekämpfung, hohe, einheitliche Hygienestandards durchgesetzt werden. Hierzu zählen Einlasskontrollen auf Grundlage der Marktgröße, Desinfektionsmöglichkeiten im Ein- und Ausgangsbereich, markierte Abstände an den Kassenbereichen, Spuckschutz für das Kassenpersonal.
  • Die Corona-Warn-App muss weiterentwickelt werden, um das Durchbrechen von Infektionsketten zu vereinfachen. Hierzu könnte die App als Alternative zur Abgabe von Kontaktdaten in der Gastronomie verwendet werden, indem sie eine anonyme Registrierung am Tisch ermöglicht. War eine der Personen am Tisch infiziert, wird das Restaurant gewarnt und kann an App-Nutzer digital und anonymisiert eine Warnung rausschicken. Zudem müssen Smartphone-Hersteller dazu angehalten werden, die technischen Möglichkeiten älterer Geräte eine Nutzung der App mittels Software-Update zu ermöglichen, voll auszuschöpfen.
  • Ebenso sollten die innereuropäischen Grenzschließungen, sobald das möglich ist, durch Gesundheits-Schnellchecks an der Grenze ersetzt werden. Gerade medizinisches und pflegerisches Personal, sowie Saisonarbeiter(innen) sollten möglichst schnell die Grenze wieder überqueren können. Über Beginn und Ende eines pandemischen Notfalls muss das Parlament und nicht allein die Regierung entscheiden. Notparlamente, die in Krisenzeiten tagen sollen, lehnen wir auf Grund der Eingriffe in die repräsentative Demokratie ab. Insbesondere hinsichtlich Grenzschließungen, Verteilung von Personal und medizinischem Material sowie Nothilfen braucht es eine zentrale
    Koordinierungsstelle auf europäischer Ebene, die schnell und unabhängig handeln kann. Diese soll spätestens dann zuständig werden, wenn eine europaweite Epidemie oder ein anderweitiger Katastrophenfall durch das europäische Parlament und den Rat im Einvernehmen mit der ECDC festgestellt wird.
  • Den Versuch Victor Orbáns mittels der Corona-Krise den demokratischen Rechtsstaat in Ungarn zu untergraben und das Parlament auf unbestimmte Zeit zu suspendieren, verurteilen wir scharf. Wir fordern die EU-Kommission auf, sich klar gegen die antidemokratischen Vorgänge in Ungarn zu positionieren und soweit möglich alle Zahlungen der EU zurückzuhalten, solange Ungarn nicht die in Art. 2 EUV genannten Werte einhält, insbesondere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
  • Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten haben bei der Bestellung von Impfstoff versagt. Nun wird zu spät, zu wenig Impfstoff verfügbar sein. Dabei war es richtig, dass die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam Impfstoff bestellt haben. Unverständlich bleibt jedoch, warum ausgerechnet beim Impfstoff gespart wurde, wo doch der Lockdown um ein Vielfaches teurer ist. Wir fordern daher einen Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments, um das Versagen der Verantwortlichen konsequent aufzuarbeiten.
  • Nach dem Ende der Pandemie fordern wir die Bundestagsfraktion der FDP dazu auf, sich für die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag einzusetzen. Diese Kommission soll klären, wie mögliche Pandemien zukünftig unter Wahrung größtmöglicher Freiheitsrechte bekämpft werden können und welche Rechtsgrundlagen dafür dauerhaft und ggf. zeitweise notwendig sind. Ferner soll sie das Vorgehen angesichts der COVID-19-Pandemie evaluieren und das Verhältnis zu Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und anderen Instituten klären

Bildung

Um Unterricht und Kurse an Schulen, Berufsschulen und Universitäten auch während der Corona-Krise durchführen zu können, fordern wir die Länder dazu auf, schnellstmöglich digitale Lehrangebote zur Verfügung zu stellen und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um nötigenfalls digitalen Unterricht durch Videokonferenzen durchzuführen. Diesbezüglich soll eine Rechtssicherheit für die Schulen und Lehrkräfte geschaffen werden. Alternativ können auch Massive-Open-Online-Courses (MOOCs) durch Universitäten und (Berufs-)Schulen eingerichtet werden, so dass Studentinnen und Studenten sowie Schülerinnen und Schüler ihre Lehrinhalte on-demand abrufen können. Außerdem fordern wir:

  • Sollte die Durchführung von schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen aus gesundheitlichen Gründen auch im Mai weiterhin unmöglich sein, fordern wir, dass das Abitur in die Sommerferien verschoben wird. Im Zweifel können das Abitur und andere Abschlussprüfungen in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Gesundheitsamt durchgeführt werden, indem die Schüler(innen) auf mehrere Klassenräume mit größeren Abständen zwischen den Arbeitsplätzen verteilt werden. Die
    Einschreibefristen für das Wintersemester 2020/21 an den Universitäten und Hochschulen sind dann bundesweit dementsprechend anzupassen. Auch Lösungen für den Beginn von Ausbildungsplätzen sind in Absprache mit möglichst zahlreichen Arbeitgeberverbänden zu finden. Auch eine Einbindung der Gewerkschaften halten wir für zielführende. (Auch) Die bundeseinheitlichen Abschlussprüfungen für Ausbildungsberufe müssen erneut verschoben werden, wenn sich die gesundheitliche Lage nicht bis Mitte Mai verbessert. Praktische Prüfungen sollen, soweit möglich
    bereits vor den schriftlichen Prüfungen im Sommer durchgeführt werden. Zeitlich begrenzt soll die Berufsausbildungshilfe an den BAföG-Höchstsatz angepasst werden und auf Antrag unbürokratisch an Auszubildende in der beruflichen Berufsausbildung ausgezahlt werden.
  • Uns ist wichtig, dass es Rechtssicherheit für jegliche Varianten des Abiturs sowie alle Abschlüsse in der beruflichen Bildung und im Hochschulbereich, die während der Jahre 2020 und 2021 absolviert werden, gibt. Junge Menschen dürfen keine Nachteile aufgrund der Corona-Krise erfahren.
  • Wir fordern die Kultusministerkonferenz auf, einen Stufenplan für eine regional differenzierte Öffnungsstrategie für die Schulen und Hochschulen zu entwickeln. Bildung ist systemrelevant. Die Schulschließungen im Zuge des Lockdowns haben tausende Schülerinnen und Schüler zurückgeworfen und stellen auch psychisch eine starke Belastung dar. Die Öffnung der Schulen muss daher unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte im Rahmen der Öffnungsstrategie oberste Priorität haben.
  • Viele Studentinnen und Studenten geraten durch wegfallende Nebenjobs oder wegfallendes Einkommen der Eltern in eine finanzielle Schieflage. Wir fordern daher, dass jede(r) Student(in) auf Antrag vorläufig und unbürokratisch den BAföG-Höchstsatz erhalten soll. Eine Bedürftigkeitsprüfung und eventuelle Rückzahlung sollen erst nachträglich stattfinden. Das Sommersemester darf keine verlorene Zeit sein. Wir begrüßen die Anstrengungen der Hochschulen, durch den Ausbau des Online-Angebotes den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten. Das Sommersemester 2020 und das Wintersemester 2020/2021 sollen zudem rechtlich als erweiterte, reguläre Regelstudienzeit anerkannt werden und die Anwesenheitspflicht bei Präsenzveranstaltungen muss entfallen. Für Folgesemester gilt bei Ausweitung der pandemiebedingten Einschränkungen im Lehrbetrieb die Forderung äquivalent. Wir fordern die Hochschulen dazu auf, Student(inn)en, die
    zur Krisenbewältigung beitragen, indem sie freiwillig im Gesundheitswesen arbeiten oder sich nachweislich anderweitig sozial engagieren, bis zu 6 ECTS für ihre Studienleistung anzurechnen. Darüber hinaus sollen Auszubildende ohne die Frist von einen Arbeitsfall von 6 Wochen oder 30 Arbeitstagen in die Kurzarbeit übergehen können.
  • Wir fordern, dass die Länder mit den Hochschulen kurzfristig ein bundesweites Lern-Buddy-Programm aufsetzen, in dem Studierende Schülerinnen und Schüler kostenfrei unterstützen, um die in der Corona-Pandemie entstandenen Lernrückstände aufzuholen. In Abhängigkeit der Schülerzahl erhalten Schulen aus dem Lern-Buddy-Programm ein festes Kontingent an Unterstützungsstunden, das sie sowohl zur Unterstützung der Lehrkräfte im Fern- oder Präsenzunterricht, in Kleingruppen oder für eine individuelle Eins-zu-Eins-Betreuung besonders unterstützungsbedürftiger Schülerinnen und Schüler verwenden können. Die Studierenden sollen dafür entlohnt werden oder Leistungspunkte erhalten.

Wirtschaft

Durch die weitestgehende Stilllegung des öffentlichen Lebens deuten sich schon heute massive Folgen für die Wirtschaft an. Eine Rezession scheint unabwendbar, deshalb sind die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft notwendig. Wir begrüßen die von Bund und Ländern eingeführten Liquiditätshilfen als sinnvolle Maßnahme, um Unternehmen aufgrund von Umsatzausfällen Hilfe zu leisten. Hier müssen jedoch Unternehmen mit mehr als 10, aber weniger als 249 Mitarbeitern ebenso unterstützt werden. Bei Unternehmen im Mittelstand ist das Entfallen der Bonitätsprüfung für Kredite unter 3 Millionen Euro bei Überbrückungskrediten zudem eine sinnvolle Lockerung.  Um insbesondere kleinen Unternehmen und Ladenbetrieben zu unterstützen, muss auch eine großzügige Senkung und Stundung der Steuerlast in Betracht gezogen werden. Ebenso fordern wir:

  • Viele Studenten, Schüler oder Menschen, die ein geringes Einkommen erwirtschaften oder Rente aufstocken möchten, arbeiten in Deutschland in einem Mini- oder Midijob. Um einem Verlust dieser Arbeitsplätze entgegenzuwirken, fordern wir, dass das Kurzarbeitergeld auf die Dauer der Corona-Pandemie auch auf Mini- und Midijobs ausgeweitet wird.
  • Das Kurzarbeitgeld ist für Betriebe und Angestellte, die bei ungeplanten Schließungen aufgrund neuer Regierungsbeschlüsse innerhalb weniger Tage ihren Betrieb stilllegen müssen, ein effizientes Mittel um kurzfristige Lockdowns überbrücken zu können. Die Angestellten der hierbei betroffenen Betriebe sind auf einen verlässlichen Bezug des verminderten Einkommensersatzes essentiell angewiesen. Daher fordern wir das Anrecht für Betriebe, von den zuständigen Arbeitsagenturen eine Antragsbescheidung innerhalb von maximal 4 Wochen zu erhalten und den Antrag auf KUG bereits einen Monat im Voraus einreichen zu können, um Lohnfortzahlung für die Angestellten zu gewährleisten.
  • Die COVID-19-Pandemie birgt das Potential eine zweite Eurokrise zu verursachen. Eurostaaten, die bereits jetzt hochverschuldet sind und mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben, werden im Gegensatz zu Deutschland nicht in der Lage sein, mittels breiter Konjunkturprogramme die eigene Wirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren und drohen daher in schwere und langfristige wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, welche die Stabilität Europas erheblich gefährden.
    Es muss daher zu den obersten Prioritäten der Bundesregierung zählen, den wirtschaftlichen Kollaps einzelner Mitgliedstaaten zu verhindern, ohne die Staatsschulden der Mitgliedstaaten zu vergemeinschaften. Hierzu wollen wir den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) weiterentwickeln. Dieser soll Mitgliedstaaten mit einem gesonderten Instrument schon präventiv Kredite gewähren, um mithilfe von Konjunkturprogrammen die eigene Wirtschaft zu stabilisieren. Das Kreditvolumen des ESM muss dafür deutlich erhöht werden. Diese Kreditlinien sind in erforderlicher Höhe und zeitlich begrenzt auf die Corona-Krise zu gewähren. Die Laufzeit muss dabei so gewählt werden, dass die Staatsverschuldung tragfähig bleibt.
  • Wir fordern eine auf ein Jahr befristete Senkung der Lohnsteuer für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um 15 Prozent sowie die Halbierung der Unternehmensteuer für Unternehmen. Als Akutmaßnahme begrüßen wir darüber hinaus eine betragsmäßige Ausweitung der Verlustrücktragsmöglichkeiten sowie eine Verlängerung des Rücktragszeitraumes. Zudem muss endlich die dringend benötigte Reform unseres Steuersystems angestoßen und dieses somit einfacher, niedriger und gerechter ausgestaltet werden.

Zusammenhalten in der Krise

Die Jungen Liberalen beobachten die Querdenker-Bewegung sowie Verschwörungstheorien, insbesondere zu Impfungen, als Angriff auf wissenschaftliche Grundlagen und Fakten hochkritisch. Sogar die Bundesregierung hat in 2020 mit ihrem zögerlichen Vorgehen wichtige Zeit verloren und zu große Rücksicht auf derartige Entwicklungen genommen. Insbesondere werden dadurch berechtigte Kritik, Verunsicherung und Zweifel diskreditiert. Wir wehren uns dagegen, dass diese Menschen in einen Topf geworfen werden und werben für einen Weg der wissenschaftlichen Überzeugung und des Austauschs. Gleichermaßen ist es dringend notwendig, eine klare Distanz zu Verschwörungstheorien und selbsterklärten Querdenkern zu wahren.

Die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2 schränken unser soziales Miteinander und die Arbeitswelt umfassend ein. Die Angst vor den Folgen wie dem möglichen Verlust des Arbeitsplatzes, eine massive Einnahmeminderung durch Kurzarbeit; eine große Mehrbelastung in den Gesundheitsberufen und die allgemeine Unsicherheit in der Gesellschaft trifft psychisch geschwächte oder labile Menschen und Familien in häuslicher Gewalt besonders schwer. Durch die Einstellung von sozialen Unterstützungsleistungen müssen viele Obdach- und Wohnungslose um das Überleben kämpfen.

  • Um einer drohenden Zunahme von häuslicher Gewalt entgegenstehen zu können, fordern wir die Kommunen auf, Unterbringungsmöglichkeiten für alleinstehende Betroffene und Elternteile mit Kindern bereitzustellen. Wir fordern die jeweiligen Landesregierungen dazu auf, die Hälfte der entstehenden Kosten zu übernehmen, um die Kommunen zu entlasten. Der verschärfte Platzmangel in Frauen-/Männerhäusern soll durch die Anmietung von Wohnungen und der kurzfristigen
    Unterbringung in leerstehenden Hotels, Hostels und Ferienwohnungen abgemildert werden.
  • In einer Krisenzeit ist der Bedarf an Seelsorgeangeboten deutlich höher. Wir fordern daher alle Stellen auf, das Angebot an Telefonseelsorge zu erweitern und private Angebote finanziell zu bezuschussen, sowie mithilfe einer bundesweiten sozialen Hilfenotruf-Nummer vgl. mit der eines regulären Notrufes eine Weiterleitung zu einer jeweils erreichbaren Stelle herzustellen. Seelsorge
    innerhalb der individuellen Religionsgemeinschaft bietet vielen Menschen Halt und Erleichterung innerhalb schwerer Zeiten. Daher unterstützen wir JuLis den Ausbau von Angeboten durch die religiösen Gemeinden und Dienste ebenso wie konfessionslose Seelsorgeangebote, Kontakt- und Beistandsangebote durch Vereine, Verbände und ähnliche Träger.
  • Zur Vorbeugung von Suchterkrankungen fordern wir Junge Liberale in der aktuellen Situation übergreifende Informationskampagnen der Krankenkassen. Diese Hilfsangebote sollen unter anderem eine Suchtprävention für Betroffene, ein allgemeines digitales Angebot von Entspannungstechniken und eine Bereitstellung lokaler Kontaktstellen für Personen, die sich im eigenen Umfeld nicht mehr sicher fühlen beinhalten. Außerdem sollen Angebote von (Telefon-)Seelsorge sowohl für Betroffene wie auch Angehörige stärker sichtbar gemacht werden und Informationsangebote zur Verfügung gestellt werden, mit deren Hilfe Betroffene und Angehörige Anzeichen für potenzielle psychische Negativentwicklung erkennen können.
  • Wir als Junge Liberale schätzen freiwilliges Engagement und unterstützen den Wunsch von Freiwilligen, sich einzubringen und Notleidende besser mit Hilfsangeboten zu versorgen. Bei der Ausgestaltung von Seelsorgeangeboten während der Auswirkungen durch die Corona-Pandemie ist für JuLis jedoch ebenfalls wichtig, hohe Maßstäbe im Seelsorgedienst durch geeignete Qualifizierung, Vorbereitung und Supervision sicherzustellen.
  • Die Möglichkeiten zur Meldung als Reservist muss auf ihre Attraktivität geprüft und gegebenenfalls erweitert werden. Wir fordern die Anhebung der Altersgrenze bei der freiwilligen Reaktivierung ehemaliger Soldaten, Ärzte, Sanitäter, Laborassistenten, Wissenschaftler und aller anderen einschlägigen Berufsgruppen innerhalb der Bundeswehr. Davon bleibt der Grundsatz zur Freiwilligkeit der Meldung bei einem Aufruf unberührt.
  • In Deutschland sind nach Schätzungen zwischen 650.000 und 850.000 Menschen ohne einen festen Wohnsitz, sog. Wohnungslose. Darunter sind etwa 50.000 Menschen von ihnen obdachlos.
    • Wir JuLis fordern eine Ausnahmegenehmigung für Praxen, die ihre Versorgungsdienste ehrenamtlich und unentgeltlich für Obdachlose oder deren Begleittiere anbieten, um die weitere Versorgung zu gewährleisten, da die Hygiene- und Basisgesundheitsversorgung durch diese Anbieter für viele Obdachlose überlebensnotwendig ist. Dies umfasst ebenfalls Versorgungsstellen für Drogenabhängige wie Methadonambulanzen, Drogen-konsumräume u.a. Es muss sichergestellt werden, dass die angebotenen Dienste unter Wahrung von grundlegenden Hygienevorschriften und rechtssicher angeboten werden. Die Erbringung ehrenamtlicher Angebote und Aushilfsdienste durch Ärzte, Krankenhäuser und private Träger ist begrüßenswert. Wir schlagen daher vor, ehrenamtlich erbrachte Gesundheitsdienstleistungen in ihrem Leistungsumfang äquivalent zu Spenden steuerlich absetzen zu können.
    • Kein Obdachloser soll erfrieren müssen, weil Nachtunterkünfte aufgrund von Corona-Maßnahmen bei eisigen Temperaturen geschlossen bleiben. Wir JuLis begrüßen stattdessen die Verlängerung des Angebotes der Wohnheime für Obdachlose, die in diesem Jahr an einzelnen Standorten bis April und Mai offenbleiben werden. Ein weiteres vorübergehendes Angebot wäre die Anmietung von aktuell leerstehenden Hotels, Hostels, Jugendherbergen und ähnlichen
      Unterkünften durch die Kommunen mit Unterstützung der Länder.
    • Um die akut bevorstehende Entstehung von Obdachlosigkeit zu vermeiden, fordern wir, in der Zeit der Corona-Maßnahmen Zwangsräumungen für einen Zeitraum bis zum Ende der Maßnahmen auszusetzen. Die Fortsetzung der Räumung beginnt frühestens mit dem Ende der Maßnahmen.
  • Immer mehr Tafeln müssen schließen, da durch das „Hamstern“ weniger Abgaben an die Tafeln erfolgen und viele ehrenamtliche Helfer Teil der Risikogruppe sind. Um den 1,6 Mio. Tafel-Nutzern weiterhin ein Angebot zu bieten fordern wir grundsätzlich eine Genehmigung für die Tafeln und ihre Helfer, damit sie weiterhin unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen geöffnet bleiben. Sämtliche Hygienevorschriften, sowie die Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung des Virus
    müssen dabei berücksichtigt werden.
  • Wir fordern die sofortige und vorübergehende Erhöhung des Kinderzuschlags durch die Bundesregierung. Diese Sätze sind nicht auf die Hinzuverdienstgrenze anzurechnen, steuerfrei auszuzahlen und es besteht grundsätzlich keine Rückzahlungspflicht. Unter den Gruppen mit einem erkennbaren Mehrbedarf sind zusätzliche Leistungserhöhungen, beispielsweise von ALG-II, auf Antrag, aber ohne Rechtfertigungspflicht auszuzahlen. Dazu zählen insbesondere: Schwangere
    und Stillende, ältere und gesundheitlich vorbelastete Menschen aufgrund ihres Risikos bei einer Infektion durch Corona, sowie grundsätzlich diejenigen in Quarantäne.
  • Wir Junge Liberale fordern eine umfassende Informationskampagne der Arbeitsagentur für die Betriebe, v.a. in systemrelevanten Branchen (bspw. Landwirtschaft), um die vorhandenen Möglichkeiten von Anstellungsverhältnissen zu nutzen, den derzeitigen Beschäftigungsengpässen entgegenwirken können. Wir begrüßen hier die Erweiterung der kurzfristigen Beschäftigung (Minijob, Saisonarbeit) von regulär 70 Tagen auf 115 Tage Beschäftigungsdauer im Jahr 2020. Wir fordern jedoch eine damit einhergehende Erhöhung des maximalen Gesamtverdienstes der kurzfristigen Beschäftigung von derzeit 5.400€ auf 7.000€ im laufenden Kalenderjahr.

Sunsetklausel

Als Reaktion auf die gegenwärtige COVID-19-Pandemie entfaltet dieser Beschluss keine
über die Pandemie hinausgehende Wirkung. Der Bundesvorstand wird beauftragt die
beschlossenen Maßnahmen zum Ende des Jahres 2021 zu evaluieren.

*Der erweiterte Bundesvorstand hat in seiner Sitzung am 14. Juni 2020 die Streichung
 des Passus beschlossen.

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