24.04.2015

Deutschland 2020 – 14 ½ Thesen für die Respektgesellschaft

Junge Liberale haben Respekt vor Leistungsbereitschaft, Vielfalt und Privatsphäre. Mit unseren Ideen werben wir in der Gesellschaft und in der Politik für diese Haltung. Wir sind davon überzeugt, dass die Tatkraft junger Menschen einen positiven Einfluss auf die Lösung politischer Probleme hat:
I. Mehr Respekt vor den Rechten eines jeden!
1. In der offenen Gesellschaft hat jeder einen Platz
Wir setzen uns für eine offene Gesellschaft ein, die allen Menschen offen steht, die friedlich im Einklang mit anderen Menschen leben wollen. Auch Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und politischer Verfolgung den Weg nach Europa finden, wollen wir es ermöglichen, an der Gesellschaft teilzuhaben. Daher muss Flüchtlingen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus Zugang zu kostenlosen Deutschkursen gewährt werden. Menschen die oft jahrelange Ungewissheit in juristischen Verfahren auf sich nehmen verdienen es, dass ihnen in dieser Zeit die Chance der Integration gegeben wird. Außerdem muss es künftig möglich sein, sich aus einem laufenden Asylverfahren heraus auf offene Stellen zu bewerben.
2. Europa schützt Menschenrechte
Wir wollen Europa zum Vorreiter für die weltweite Geltung der Menschenrechte machen. Im Mittelpunkt unseres Handelns steht der einzelne Mensch – sowohl innen wie außenpolitisch. Deswegen dürfen wir Menschenrechtsverletzung nirgendwo akzeptieren. In der EU müssen Verletzungen der Grundrechtecharta für alle beteiligten Staaten bis hin zum Entzug des Stimmrechtes in Europäischen Institutionen konsequent geahndet werden. Das bedingungslose Eintreten für Menschenrechte muss zur wichtigsten Maxime einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik werden. Mit der Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Akteuren, klaren Äußerungen sowie Sanktionen und dem Willen bei Menschenrechtsverstößen aktiv zu werden, kann Europa zur universellen Gültigkeit der Menschenrechte beitragen.
3. Leben in einer toleranten Gesellschaft
Im Mittelpunkt steht der Mensch – unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, Hautfarbe oder Sexualität. Wir sehen es als unsere Pflicht an, für Toleranz, Akzeptanz und Integration eines jeden in die Gesellschaft einzutreten. Bestehende Ungleichbehandlung, wie etwa die pauschale Ausnahme Männer, die Sex mit Männern haben, bei der Blutspende, wollen wir beseitigen. Zivilgesellschaftliche Akteure, die sich gegen Extremismus jeglicher Art einsetzen, unterstützen wir ausdrücklich. Es ist aber auch an jedem von uns, gegen Unrecht, Diskriminierung und Intoleranz aufzustehen und unsere Werte zu verteidigen.
II. Mehr Respekt für Bildung!
4. Bessere Kindertagesstätten für eine bessere Bildung
Für uns beginnt die Bildungslaufbahn nicht erst mit dem Einstieg in das Schulsystem. Viel wichtige Arbeit und Vorbereitung auf das spätere Leben wird bereits in den Kindertagesstätten geleistet. Die Kindertagesstätten leisten einen immensen Beitrag zur Chancengerechtigkeit und Integration in Deutschland, dort wird die deutsche Sprache vermittelt und Kinder von Einwanderern werden auf ihren Weg durch das Schulsystem vorbereitet. Wir brauchen zur Erreichung dieser Ziele ein gutes pädagogisches Konzept, kleine Gruppen und vor allem gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte. Der Bund, die Länder und die Kommunen müssen sich die Kosten für eine gute frühkindliche Bildung aufteilen, sodass keine Ebene mit den entstehenden Kosten allein gelassen wird
5. Mehr Geld für die beste Bildung der Welt
Ausgaben für Bildung muss die höchste Priorität eingeräumt werden. Wir fordern deshalb die Bundes- und Landesregierung auf, die Ausgaben für Bildung so zu erhöhen, dass gemessen am Staatshaushalt Deutschland zu den TOP 5 Ländern weltweit zählt. Dabei sollen die Ausgaben mindestens auf 10% des Staatshaushaltes gesteigert werden. Dabei dürfen diese Mittel nicht in den Verwaltungen versickern, sondern müssen den Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen direkt zu Gute kommen. Diese sollen selbst entscheiden, ob sie dafür in die IT-Ausstattung, die Einstellung oder Weiterbildung von Personal oder in die Verbreiterung des Angebotes investieren. Dazu muss der Beamtenstatus für Lehrer bundesweit abgeschafft werden.
6. Bildungsrahmen auf Bundesebene!
Wir wollen, dass nicht mehr Länder sondern einzelne Schulen in den Wettbewerb um das beste und maßgeschneiderte Bildungsangebot gehen. Der individuelle Bildungserfolg soll weder vom Elternhaus noch von Bildungsexperimenten auf Landesebene abhängig sein. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Schulen größtmöglicher Freiraum in der Gestaltung ihres Angebotes eingeräumt wird. Um bundesweit Chancengerechtigkeit und echte Vergleichbarkeit zu ermöglichen, möchten wir, dass der bildungspolitischen Rahmen in Zukunft auf Bundesebene gesetzt wird.
7. Deutschland bildet aus
Während Studenten aus Drittländern nach ihrem Studienabschluss in Deutschland relativ unkompliziert in Deutschland bleiben und arbeiten können, sieht die Situation für Auszubildende anders aus. Wir setzen uns dafür ein, jungen Menschen aus Drittländern nicht nur mithilfe des Studiums sondern auch mithilfe unseres dualen Ausbildungssystems eine Chance auf eine bessere Zukunft zu eröffnen. Dazu sollen in Zukunft Aufenthaltsgenehmigungen zur Aufnahme einer klassischen Ausbildung in Deutschland vergeben werden und nach erfolgreichem Abschluss auf die Vorrangprüfung des Arbeitsamtes verzichtet werden.
8. Elternunabhängiges BAföG einführen
Wir wollen jedem Menschen Bildungschancen ermöglichen – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Gerade Studierende an der Grenze zur BAföG-Berechtigung müssen sich heute oftmals mit Nebenjobs über Wasser halten oder ihr Studium über Kredite finanzieren. Damit junge Erwachsene nicht in Nachweisbürokratie ersticken und ihren Bildungsweg unabhängig planen können, setzen wir uns deshalb für ein elternunabhängiges BAföG für alle Studierenden ein, dessen Höhe sich an den regionalen Lebenshaltungskosten orientiert. Die Hinzuverdienstgrenzen beim BAföG sollen zukünftig entfallen. Im Gegenzug wollen wir die Rückzahlungshöchstgrenze des Darlehensteils und die Kinderfreibeträge für die Eltern der BAföG-Empfänger abschaffen. Da Leistungen nach dem BAföG jedoch nicht die Unterhaltspflichten leistungsfähiger Eltern ersetzen darf, sind diese Unterhaltsansprüche entweder abzutreten oder aber BAföG-Leistungen können insgesamt nur als Darlehen gewährt werden.
9. Politikverdrossenheit aus Schulen vertreiben
Die Schule soll frei von politischer Beeinflussung bleiben. Wir wollen aber verhindern, dass aus falsch verstandener Neutralität die Bildung einer eigenständigen politischen Meinung bei jungen und engagierten Menschen unnötigerweise behindert wird. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass in Schulen, gerade im Politikunterricht, Diskussionen mit Vertretern verschiedener politischer Richtungen stattfinden können. Dazu gehören auch Vertreter öffentlicher Institutionen wie der Bundespolizei und der Bundeswehr. So lernen Jugendliche nicht nur am lebenden Beispiel wie Politik funktioniert, sie haben auch eine Chance sich aktiv einzubringen und Fragen zu stellen. So wird Politik erfahrbar und kann der Politikverdrossenheit, die oft durch Unkenntnis oder Vorurteile über politische Abläufe entsteht, abgebaut werden. Daher ist in die Rahmenpläne für den Politikunterricht der regelmäßige Austausch mit Vertretern verschiedener politischer Parteien und politischen Akteuren aufzunehmen.
III. Mehr Respekt für digitale Freiheit!
10. Das Netz ist für alle da
Wir wollen Netzneutralität wahren, damit Start-Ups weiterhin Chancen am Markt haben und Wettbewerb um die besten Ideen herrscht. Für uns darf es keine Diskriminierung von Inhalten und Diensten geben, die am Ende zu einem Wettbewerbshemmnis der Dienstanbieter im Internet führt. Das Netz braucht einen ungehinderten Informationsfluss. Das Diskriminieren oder Priorisieren bestimmter Dienste im Netz lehnen wir grundsätzlich ab. Dies gilt insbesondere für staatliche Beschränkungen der freien Kommunikation zwischen zwei Endpunkten.
11. Internet ist Grundversorgung
Das Internet gehört zur Grundversorgung. Um die Grundlage für Breitbandverbindungen über Kabel und Mobilfunksysteme zu schaffen, muss die Infrastruktur auch in ländlichen Gebieten ausgebaut werden. Unbürokratische Lösungen wie das Verlegen von Glasfaserkabeln und Leerrohren bei Straßenbauarbeiten oder Wasserrohrerneuerungen erfordern dazu eine stärkere Absprache zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund. Öffentlich finanzierte Glasfaserleitungen werden von der Bundesnetzagentur verwaltet. Provider können einzelne Fasern auf den öffentlichen Glasfaserleitungen mieten. Dies ermöglicht echten Wettbewerb bis an die Grundstücke bei gleichzeitiger Refinanzierung über die kommenden Jahrzehnte. Der Ausbau wird in Regions-Clustern ausgeschrieben, sodass eine Flächenplanung des Ausbaus effizient möglich ist.
12. Effektiver Datenschutz
Persönliche Daten sind längst zur begehrtesten Handelsware dieses Jahrhunderts geworden. Mit fortschreitenden technischen Möglichkeiten, kann man aus seinen persönlichen Daten mehr über Menschen erfahren, als den meisten lieb ist. Riesige Datenberge entstehen schon heute, ohne dass der Nutzer es bemerkt – etwa durch gezielte Aufzeichnung und anschließende Auswertung unseres Surfverhaltens im Internet. Wichtig ist es daher, die Bürger dafür zu sensibilisieren, dass sie selber aktiv die Herrschaft über ihre Daten wieder ergreifen müssen. Dafür ist eine europarechtliche Lösung zu bevorzugen, statt falsch verstandenem, nationalen Protektionismus, der kein Mehr an Schutz bietet. Die Prinzipien "Privacy by Design" und "Privacy by Default" sind gesetzlich zu verankern und konsequent durchzusetzen. Insbesondere der Staat und öffentliche Einrichtungen sollen dazu angehalten sein, die größtmögliche Datensparsamkeit anzusetzen und nur die nötigsten Daten über seine Bürger zu sammeln. Jegliche ungerichtete und allgemeine Überwachung von Bürgern zur angeblichen Prävention von Straftaten lehnen wir entschieden ab. Für alle persönlichen Daten muss es möglich sein, einfach und unbürokratisch eine Selbstauskunft über die gesammelten Daten zu erhalten.
13. Abschaffung der Störerhaftung bei öffentlichem WLAN
Wir wollen Menschen, Unternehmen und Kommunen, die ihren Internetanschluss der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und damit Menschen ohne eigenen Internetanschluss – beispielsweise Touristen – einen Zugang zum Internet ermöglichen, unterstützen. Die derzeit bestehende Störerhaftung, die Anschlussinhaber aufgrund einer technisch bedingten Unbestimmtheit für rechtswidrige Handlungen aller Nutzer ihres Anschlusses verantwortlich macht, ist weder zeitgemäß noch sinnvoll. Wir wollen deshalb das Telemediengesetz so anpassen, dass die Störerhaftung vollständig abgeschafft wird. So bereiten wir den Nährboden für moderne Städte, neue Unternehmensideen und gute Nachbarschaft.
14. E-Government und digitaler Behördengang
Die Deutschen lieben ihre Bürokratie. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Liebe nicht auf Montag bis Freitags 9:00 bis 16:00 Uhr (mittwochs nur bis 12:00) beschränkt bleibt und fordern, dass Behördengänge, solange sie nicht höchstpersönliche Rechtsgeschäfte betreffen, in Zukunft auch online getätigt werden können. Von der Steuererklärung über die Formalien der Unternehmensgründung bis hin zur Arbeit in Parlamenten und Behörden sollte die Verwaltung weitestgehend digital erfolgen. Der Bund soll hierzu eine mit entsprechender Sicherheitstechnik ausgestattete Plattform schaffen, die auch von Ländern und Kommunen genutzt werden kann. Eine Weitergabe von Daten zwischen den einzelnen Behörden soll durch die gemeinsame Plattform nicht in einem größeren Ausmaß als bisher stattfinden. Zudem fordern wir, dass mittelfristig Englisch als zweite Verwaltungssprache eingeführt wird, damit Zuwanderer, Fachkräfte und Besucher bei der Erledigung von Verwaltungsvorgängen nicht mehr auf Hilfspersonen angewiesen sind und um Deutschland stärker am globalen Markt zu vernetzen und auch für kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Ausland attraktiver zu machen.
14 ½ unser Stil in der Politik
Politik ist für uns weder Selbstzweck noch Karrieresprungbrett sondern Ausdruck von Respekt vor den Träumen und Zielen junger Menschen. Wir wollen neugierig bleiben für neue Argumente, auch wenn sie aus einer unerwarteten Ecke kommen. Wir wollen nicht nur untereinander sondern mit allen Menschen diskutieren. Wir wollen uns immer daran erinnern, dass das Ziel die Mittel nicht immer rechtfertigt. Wir wollen leidenschaftlich bleiben und mit Feuer für unsere Ideen kämpfen, selbst wenn wir dabei manchmal über das Ziel hinausschießen. Wir wollen unsere Zukunft heute gestalten.

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