01.12.2016

Der Islam in der liberalen Gesellschaft

Offene Gesellschaft – unsere Werte leben und verteidigen
Das Bild der Muslime in Deutschland ist oft stereotyp und von radikalen Kräften geprägt. Dabei ist Islamophobie mittlerweile ein Phänomen, welches sich durch alle gesellschaftlichen Milieus zieht. Dadurch, dass in der Öffentlichkeit konservative und fundamentalistische Personen stärker als Religionsanhänger sichtbar sind als moderate Anhänger einer Religion, entstehen Vorurteile und schließlich Mythen und Feindbilder. Deutschland muss aus Sicht der Jungen Liberalen jedoch zu einem pluralistischen Bild des Islams kommen. Hierzu müssen die demokratischen Kräfte in Deutschland aufklären und auch moderate und liberale Muslime in der Gesellschaft sichtbar machen.
In einer offenen, pluralen Gesellschaft muss aus liberaler Sicht auch der Islam einen Platz haben. Dennoch lenkt die Debatte ob "der Islam" "zu Deutschland gehört" von einer differenzierten Auseinandersetzung mit positiver und negativer Religionsfreiheit ab.
Für Liberale muss sich Politik letztendlich an Individuen orientieren und weniger an kollektiven Kategorien. Daher sehen wir Liberale traditionell in der Pflicht, aufzuklären gegen Ressentiments und stattdessen eine differenzierte und sachliche Betrachtungsweise von gesellschaftlichen Problemen in Debatten einzubringen. So kann Ängsten und Populismus entgegengewirkt werden.
In einer offenen Gesellschaft streben wir an, dass Menschen sich unabhängig von ihrer ethnischen und sozio-kulturellen Herkunft mit der deutschen Gesellschaft und dem demokratischen System auf einer freiheitlichen Grundordnung identifizieren können. Hierzu muss das Bild "der Deutschen" bzw. eine "deutsche" Identität vielfältiger werden und explizit auch Menschen mit Migrationshintergrund und Personen, welche von traditionell-konservativen Lebenswelten abweichen, inkludieren.
Eine positive Religionsfreiheit bedeutet für die Jungen Liberalen, dass der Staat weltanschaulich neutral bleiben und seine Bürger vor Diskriminierungen aufgrund ihrer Religion schützen muss. Damit der Staat die Religionsfreiheit respektiert und nicht einzelne Strömungen des Islams bevorzugt behandelt, sollte die Bundesregierung zukünftig alle islamischen Verbände, welche überregional in Deutschland aktiv sind und nicht im Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, zur Islamkonferenz einladen. Bei der Förderung eines modernen Islams darf jedoch nicht der Staat durch die Islamwissenschaft an den Hochschulen eine reine Lehre definieren, sondern muss einen Pluralismus in der Interpretation in Kooperation mit den Verbänden und Imamen zulassen. Ein Ruf nach einer reinen Lehre des Islam ist zudem kontraproduktiv, da dies radikale und salafistische Strömungen, welche sich wörtlich am Koran orientieren, befördert.
Prävention von religiösem Extremismus in Deutschland
Aus Sicht der Jungen Liberalen geschieht Radikalisierung zum Salafismus bei Jugendlichen aus denselben Gründen wie andere politische oder religiöse Radikalisierung – unter anderem, weil Menschen bei Perspektivlosigkeit und in Krisen Sinn und Identität suchen.
Daher brauchen Jugendliche positive Identitäten. Dies kann auch eine positive muslimische Identität im Einklang mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sein. Wir setzen uns daher für die gesellschaftliche Anerkennung von Zweitsprachen und interkulturelle Biografien sowie die Würdigung multikultureller Identitäten ein. Ein Zwang oder Bedrängnis, im Privaten nur Deutsch zu sprechen wäre dagegen absurd und kontraproduktiv.
Prävention vor Extremismus muss Jugendliche stärker erreichen. Daher brauchen wir staatliche Unterstützung für Präventionsangebote gegen religiösen Extremismus und radikalen Salafismus. Prävention muss dabei über klassische Programme, welche von den betroffenen Personen selbst aufgesucht werden müssen, und Kriminalprävention hinausgehen. Da Gruppen, die zu radikalem Denken missionieren, proaktiv auf Jugendliche zugehen, müssen auch Präventionsprojekte Jugendliche in ihrem Lebensumfeld direkt erreichen. Daher sprechen sich die Jungen Liberalen für Präventionsprojekte in Schulen, Jugendzentren und in problematischen Milieus durch Streetworker aus.
Zudem müssen die muslimische Seelsorge durch moderate Imame und Seelsorger in Gefängnissen sowie Resozialisierungsprogramme für junge Straftäter mit Migrationshintergrund ausgebaut werden, um die Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in kriminellen Milieus zu verhindern.
Bekämpfung von Antisemitismus von Islamophobie
Auch in der Präventionsarbeit bezüglich Antisemitismus sprechen sich die Jungen Liberalen für neue Ansätze aus. Da viele Menschen, insbesondere Jugendliche und Deutsche mit Migrationshintergrund, sich nicht mit der Aufarbeitung der NS Zeit identifizieren. Daher müssen zusätzliche Narrative zur Ansprache weiterer Zielgruppen gefunden werden. 
Zudem muss die Arbeit gegen die Stigmatisierung religiöser Minderheiten um Aufklärungsprogramme gegen Islamophobie erweitert werden.
Umgang mit Terroristen aus Deutschland
In der Diskussion um die Ausreise von Anhängern des islamischen Staates (IS) kommen die Jungen Liberalen zu dem Schluss, dass man bereits extrem radikalisierte Menschen kaum davon abhalten kann, Terrorist zu werden. Wer überzeugt und motiviert ist, Menschen zu töten, wird auch Wege finden, notfalls unter Einsatz krimineller Methoden, sein Land zu verlassen und in Krisenregionen zu gehen. Die Ausreise von Personen, welche Terroristen unterstützten wollen, kann in einer freien Gesellschaft daher nicht mit absoluter Sicherheit verhindert werden. Der Entzug des Personalausweises bei Personen unter Terrorverdacht ist daher keine sinnvolle Maßnahme. Statt Personen bei Verdacht vorzuverurteilen, muss der Staat vorhandene Rechtsmittel besser ausschöpfen.
Da es bereits heute strafbar ist, zu terroristischen Vereinigungen Kontakt aufzunehmen oder an terroristischen Ausbildungen teilzunehmen, müssen diese Handlungen verfolgt und bestraft werden. Dies bedeutet vor allem eine bessere Strafverfolgung durch die zielgenauere Identifikation von Terroristen im Inland bzw. einen besseren Austausch mit den Behörden, welche Grenzübergänge des Schengenraumes kontrollieren bezüglich verdächtigen Personen. 
Eine Überwachung und Datenspeicherung aller Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere durch die Vorratsdatenspeicherung, ist dagegen keine sinnvolle Antwort auf den Terror. Einerseits verletzt dies die Grundrechte, welche wir als offene Gesellschaft verteidigen wollen, andererseits haben unter anderem die Terroranschläge in Paris gezeigt, dass Vorratsdatenspeicherung nicht das effektivste Mittel zur Verhinderung von Terror ist. 
Wer im Ausland für eine terroristische Organisation aktiv war, muss bei Wiederankunft verhaftet werden und nach deutschem Recht bestraft werden. Eine Rückkehr zu verhindern ist insbesondere bei Minderjährigen nicht sinnvoll.
Die bereits zurückgekehrten deutschen Staatsbürger, welche im Ausland in terroristischen Netzwerken aktiv waren, müssen stärker und vor allem besser überwacht werden. Dabei muss die Strafverfolgung konsequent mit rechtsstaatlichen Mitteln durchgesetzt werden.

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