Schröder im „Westfalen-Blatt“: „Kanzlerin ist an Stillstand interessiert“

Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberale (JuLis), Ria Schröder, gab dem „Westfalen-Blatt“ folgendes Interview. Die Fragen stellten Ulrich Windolph und Andreas Schnadwinkel.

Wird in der FDP genug Politik für die junge Generation gemacht?

Als Junge Liberale bringen wir unsere Themen wie Wählen ab 16 und Fahren ab 16 in der FDP nach vorne, vor allem bei Parteitagen. Natürlich üben wir auch Kritik an der Bundespartei, um auf unsere Themen aufmerksam zu machen. Ich finde, Bildung müsste in der Bundestagsfraktion eine noch größere Rolle spielen. Beim Thema Rente hat die FDP gute Ideen und behält die Generationengerechtigkeit im Blick. Das würde ich mir bei den anderen Parteien und deren Nachwuchsorganisation auch wünschen.

Wäre es wegen der Politik für junge Leute sinnvoll gewesen, in eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen zu gehen?

Wenn Jamaika solche Versprechen an die junge Generation gehalten hätte, wäre es sicher ein gutes Bündnis gewesen. Aber mit Frau Merkel ist Zukunft nicht zu machen, die Kanzlerin ist an Stillstand interessiert und will ihre Politik verwalten. Das ist nach 13 Jahren Amtszeit auch ein bisschen verständlich, doch die wichtigen Zukunftsthemen wie digitale Infrastruktur, Rente und Bildung werden erst nach Merkel durchgesetzt werden können.

Sie haben Ihren Parteichef Christian Lindner kritisiert, dass er sich in der Flüchtlingspolitik CSU-Positionen genähert habe. Was ist daran schlimm?

Die CSU hat Begriffe wie „Asyltourismus“ geprägt und damit die Debatte sprachlich verroht. Ich möchte nicht, dass eine weltoffene und humanistische Partei wie die FDP damit in Verbindung gebracht wird. Natürlich ist mir wichtig, dass wir uns an rechtsstaatliche Verfahren halten und ein Einwanderungsgesetz bekommen.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat gefordert, den abgeschobenen Islamisten Sami A. aus Tunesien zurückzuholen, weil das Verfahren rechtsstaatlich nicht sauber gelaufen sei. Sehen Sie das auch so?

Das Verfahren muss geprüft werden, damit sich ähnliche Fälle nicht wiederholen. Ich frage mich allerdings, ob sich der Fall Sami A. eignet, um ein Exempel für eine Rückholung zu statuieren. Noch ist gar nicht klar, ob Sami A. in Tunesien überhaupt von Folter bedroht ist. Und wir können froh sein, wenn ein potenzieller islamistischer Gefährder, den man schon längst hätte abschieben sollen, nicht mehr bei uns ist. Gleichwohl ist es wichtig, dass die Bundesregierung in bilateralen Abkommen dafür sorgt, Folter zu verhindern.

Mit Ihrer positiven Haltung zu den umstrittenen privaten Seenotrettern könnten Sie auch Bundesvorsitzende der Grünen Jugend sein, oder?

Die Grüne Jugend möchte mit offenen Armen jeden in Europa aufnehmen – ganz gleich, ob die Person aus einer Notsituation kommt oder nicht. Das sehe ich anders. Wir müssen unterscheiden zwischen gewollter Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und Asyl aus humanitären Gründen. Wer nicht in diese Kategorien fällt, sollte konsequent zurückgeführt werden.