KUHLE-Gastbeitrag zum Umgang mit der AfD für „Die Welt“

Anlässlich der konsequenten Verweigerung vieler Kandidaten von SPD, Grünen und Linkspartei, im Vorfeld der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin an Podiumsdiskussionen teilzunehmen, wenn Kandidaten der AfD eingeladen sind, schrieb der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis), Konstantin KUHLE, heute den folgenden Gastbeitrag zur Debattenkultur für „Die Welt“ (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article156824274/Die-AfD-auszuladen-treibt-ihr-nur-die-Waehler-zu.html):

Die AfD auszuladen, treibt ihr nur die Wähler zu

Vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin wollen viele Kandidaten von SPD, Grünen und Linkspartei nicht mit Vertretern der AfD diskutieren. Was für ein Armutszeugnis!

Anfang September finden in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin Landtagswahlen statt. In den jüngsten Umfragen kommt die AfD auf stabile zweistellige Werte. Trotzdem weigern sich vor allem Sozialdemokraten, Grüne und Linke in vielen Fällen, den Kandidaten der AfD bei öffentlichen Diskussionsveranstaltungen in Schulen gegenüberzutreten. Dieses Verhalten treibt den Rechtspopulisten erst recht die Wähler zu. Oftmals sind es engagierte Schülervertretungen oder Lehrkräfte, die Podiumsdiskussionen auf die Beine stellen wollen. Dabei gilt grundsätzlich das Gebot der Meinungsvielfalt. Deswegen laden die Veranstalter in der Regel mehrere Parteien ein. Nach welchem Kriterium sie dabei vorgehen, ist ihnen überlassen.

Sie können alle im Deutschen Bundestag oder im jeweiligen Landtag vertretenen Parteien zur Diskussion bitten. Oder aber sie orientieren sich an den aktuellen Umfragewerten. Legt man den letztgenannten Maßstab an, so werden zunehmend die AfD oder auch die FDP zu Diskussionsveranstaltungen eingeladen. Erfahren nun die Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei von der Einladung an die AfD, so sagen sie ihre eigene Teilnahme in vielen Fällen ab – meist mit der Begründung, der AfD „keine Bühne bieten“ zu wollen. Damit kann die Meinungsvielfalt auf dem Podium nicht mehr aufrechterhalten werden, und viele Veranstalter müssen ganz auf die Veranstaltung verzichten.

Diese Vorgänge sind einer pluralistischen Demokratie nicht würdig. Junge Menschen haben ab 18, in manchen Bundesländern schon ab 16, das Recht, an Landtagswahlen teilzunehmen. Es ist Vertretern von SPD, Grünen und Linkspartei zuzumuten, ihre eigenen Argumente vor dem Souverän gegen Angriffe der AfD zu verteidigen. Auch junge Menschen haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Islam-Thesen der AfD mit der grundgesetzlichen Religionsfreiheit vereinbar sind. Auch mit 18 möchte man wissen, wie sich Grenzschließungen auf die eigenen Chancen auf einen Ausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatz auswirken. Wer von der Richtigkeit der eigenen Argumente überzeugt ist, darf keine Angst haben, sie öffentlich zu vertreten. Welchen Eindruck sollen die Schüler- und Lehrervertreter von den etablierten Parteien bekommen? Politiker sollten angesichts der Verteidigung zentraler Werte des Grundgesetzes nicht mit Feigheit agieren, sondern mit Selbstbewusstsein glänzen.

Antisemitische oder sonstige Ausfälle wie kürzlich bei der AfD in Baden-Württemberg bedürfen eines entschiedenen Widerstands aller demokratischen Kräfte. Abgrenzung ist jedoch nicht genug. Wenn eine Partei wie die AfD mit dumpfen Parolen in den Umfragen aufholt, müssen die Verfechter einer liberalen Demokratie offensiv die eigenen Werte vertreten. Sie müssen Schülerinnen und Schülern gute Argumente an die Hand geben, damit diese selbst zu guten Demokraten und Verfechtern einer funktionierenden Streitkultur werden. Die Opferhaltung und das Gefühl, als einzige Kraft „Wahrheiten auszusprechen“, gehört zum Geschäftsmodell der AfD. Wer ihr das Handwerk legen will, muss die Sprache und die Vorschläge dieser Partei öffentlich sezieren. Im politischen Geschäft gibt es schließlich nichts Schöneres, als mit den richtigen Argumenten eine Debatte für sich zu entscheiden.